Schwabo-Volontärin Mareike Bloss (Bildmitte, rechts mit Marco Reihs) musste bei ihren ersten Versuchen auf dem Eis feststellen, dass Curling einige sportliche Herausforderungen birgt. Links unten: Kerstin Schweizer beim Präparieren der Eisfläche, links oben: Vereinspräsident Uwe Hantschel. Fotos: Bloss /Tischler Foto: Schwarzwälder-Bote

Curling-Club Schwenningen führt Volontärin Mareike Bloss aufs Eis / Unterschätzte Sportart mit Ästhetik und Taktik

Von Mareike Bloss

VS-Schwenningen. Curling ist langweilig und gar kein richtiger Sport: Dieses Klischee kann ich spätestens seit meinem Besuch beim Schwenninger Curling-Club eindeutig widerlegen. Und zudem beweisen, dass Curling sogar anstrengend ist und richtig Spaß macht.

In der Curlinghalle neben der Helios-Arena geht es wie jeden Abend hoch her. Gerade ist das Jugendtraining vorbei, die Erwachsenen sitzen in der Vereinskneipe gemütlich beisammen. "Da drüben hocken die ganzen berühmten Persönlichkeiten", sagt Präsident Uwe Hantschel. Berühmte Persönlichkeiten? Dann werde ich aufgeklärt: Katja Schweizer, deutsche Bundesnachwuchstrainerin beim deutschen Curling-Verband, ihr Mann Sebastian Schweizer, EM-Teilnehmer, sowie Bernd Weißer, Bundestrainer für das Rollstuhl-Curling. Alle vom Curling-Club Schwenningen. Wow – ich bin begeistert, aber auch peinlich verlegen, dass ich sie nicht erkannt habe.

Dass Curling in Deutschland vor Kurzem noch vor dem Aus stand, Katja Schweizer kommendes Jahr nicht mehr als Nachwuchstrainerin fungieren wird (wir berichteten im Sportteil), davon ist in der Curlinghalle weit und breit nichts zu spüren und soll an diesem Abend nicht weiter im Fokus stehen.

Lieber erzählt Uwe Hantschel von seiner Lieblingssportart, in der er durch und durch aufgeht. "Ein wirklich toller Teamsport, bei dem besonderes Spielvermögen und Taktik im Vordergrund stehen." Er selbst ist bereits seit elf Jahren im 60 Mann zählenden Verein dabei und durch die erste Betriebsliga zum Eissport gekommen.

Die deutsche Curling-Betriebsliga setzt sich aus verschiedenen Firmen-Teams zusammen und, so der Präsident weiter, präge den Curlingsport immens. Aus ihr gingen regelmäßig Curling-Talente hervor, die in die Profi-Abteilung wechselten. In Schwenningen haben die Betriebsmeisterschaften eine besondere Bedeutung: So findet auch im März nächsten Jahres wieder das große Bundesfinale in der Eishalle am Mooswäldle statt. Für das Jahr 2015 habe der Verein, der seit 1968 in Schwenningen besteht, nicht nur ein Dreikönigsturnier und den legendären Hansele-Cup geplant, sondern richtet auch ein internationales Rollstuhlfahrerturnier aus.

Während die Erwachsenen sich aufwärmen und mit ihrem Training beginnen, erklärt der Präsident die Details des Curling: zwei Teams mit jeweils vier Curlern, acht Steine, acht "ends", Spieldauer ungefähr zwei Stunden. Ziel sei es, durch das "Besenschrubben" die Curlingsteine näher an den Mittelpunkt eines Zielkreises auf einer Eisbahn zu spielen als die gegnerische Mannschaft. Doch was ist eigentlich das Besondere an Curling?

"Curling ist ein sehr ästhetischer Sport. Der Curler wirft die Steine nicht aufs Eis, sondern lässt sie los", erläutert Uwe Hantschel. Durch den sogenannten "spirit of curling" sollen die Spieler Fehler zugeben – so dass schließlich beide Teams am Ende des Spiels zufrieden sind. "Es ist Sitte, dass alle Spieler im Anschluss noch zusammensitzen. Dann muss der Sieger dem Verlierer stets ein Getränk zahlen", erklärt Uwe Hantschel schmunzelnd.

Und dann ist es auch für mich so weit: Mit einer speziellen Slide-Sohle unter dem rechten Schuh und einem Besen bewaffnet wage ich meine ersten Schritte auf der rutschigen Eisfläche. Vereinsmitglied Marko Tischler weist mich ein, zeigt mir Wischtechnik, Körperhaltung und den richtigen Umgang mit den Steinen. Allmählich gerate ich ganz schön ins Schwitzen. Das Gleitenlassen des 20 Kilogramm schweren Steins gestaltet sich als besondere Herausforderung, gelingt dann aber doch.

Für ein komplettes Match ist es wahrlich noch zu früh für mich, aber zusammen mit Marco Reihs – einem ebenso blutigen Anfänger – darf ich sogar ein kleines "end" spielen. Ja, langsam kann ich nachvollziehen, was diesen außergewöhnlichen Wintersport ausmacht. Irgendwann sind meine Bein- und Armmuskeln überlastet und meine Puste ausgegangen. Doch zum Gästecurling werde ich wiederkommen, das habe ich Uwe Hantschel und Marko Tischler versprochen.