Vierter Medienkongress in der Tonhalle betrachtet Facebook & Co in Theorie und Praxis

Villingen-Schwenningen (dis). Zufrieden mit dem Ergebnis des zweitägigen Medienkongresses zu Facebook & Co. sind die beiden Organisatoren, Ullrich Dittler und Michael Hoyer. Beide denken bereits an einen fünften Kongress in zwei Jahren nach.Am zweiten Tag wurde neben Theorie und Statistik auch die Praxis beleuchtet. Der Prorektor der Hochschule Furtwangen University (HFU), Edgar Jäger, setzte sich mit dem Thema Freundschaft auseinander. Im sozialen Netz bedeute eine Antwort auf einen Eintrag bereits Freundschaft. Jäger versteht darunter mehr. Es gehörten Vertrauen und ein Mögen dazu. Facebookfreundschaft sei lediglich ein einfacher Kontakt. Wegen Datensicherheit und Datenpreisgabe gehe die HFU noch zaghaft mit dem sozialen Netzwerk um.

Aus der Praxis sprachen die beiden Schulpsychologinnen Claudia Müller-Lütken und Nadoli von Marées. Sie befragten Schüler nach ihrem Freizeitverhalten sowie ihrem Erleben und Verhalten im Netz. Vier Typen von Freizeit gebe es. Unter der kreativen Freizeit (65 Prozent) versteht man Musik hören und selbst machen. Auch Bücher lesen gehört dazu. 57 Prozent sehen sich als gesellige Typen (Party machen und Leute treffen). Medienfreaks gingen schon recht früh ins Netz und hörten Musik auf Youtube. Dann gebe es noch die engagierten Jugendliche, die in Vereinen tätig sind (74 Prozent). 60 Prozent davon surfen im sozialen Netz. Die Zwölf- bis 14-Jährigen spielen gern im Netz. Ballerspiele sind beliebt. Die 15- bis 17-Jährigen sind am längsten im Netz.

An einem Beispiel wurde das Cyber-Mobbing erklärt. Diesem müsse Einhalt geboten werden. Die Gemobbten müssten schnell Hilfe erfahren. Erwachsene sollten sich deshalb medienfest machen. Gespräche mit den Kindern seien wichtig. Notfalls sei Hilfe bei Beratungslehrern, der Fachstelle Sucht oder der Polizei anzufordern.

Jens Wiese, Furtwanger Hochschulabsolvent, machte sich als Facebook-Berater für Firmen selbstständig. Seine erfolgreiche Webseite allfacebook.de hat er verkauft. Gab es in Deutschland im Januar 20 Millionen aktive Nutzer im sozialen Netz, sind es aktuell bereits 23,5 Millionen. Das stärkste Wachstum ist bei der Gruppe 55+ zu verzeichnen.

Wiese wies daraufhin, dass Facebook erst ab 13 Jahren genutzt werden darf. Dieses Netzwerk sei eigentlich ein Anzeigenverkäufer. Der Nutzer sei nicht Kunde, sondern Ware. Beim Datenschutz sei der Nutzer mit seinen Eingaben selbst verantwortlich. In den Gesetzen sei das Thema noch nicht berücksichtigt. Facebook werde es nur noch einige Jahre geben. Negativ sei dabei, dass das Nachfolgeprodukt noch stärker ins Leben eingreifen werde.

Sascha Trültzsch von der Uni Salzburg befasste sich mit den Heranwachsenden in Zeiten des Social Web. Kinder und Jugendliche seien medienaffin und gelten als besonders innovationsfreudig. Es gebe so Veränderungen in der Sozialisation. Positiv sei wechselseitiges Lernen.

Nina Haferkamp von der TU Dresden befasste sich mit der Selbstdarstellung im sozialen Netz. Sie verglich dies mit einem Lebenslauf bei einer Bewerbung. Jeder werde sich positiv darstellen. Dominik Leiner von der Uni München sah in der Netzwerknutzung nicht unbedingt eine Zeitverschwendung. Soziale Netzwerke wirkten positiv. Sie helfen beim Aufbau von gesellschaftlichen Sozialkapital. Ossi Urchs als Visionär des Internets befasste sich mit der Zukunft des sozialen Netzes. Die Zeiten neuer digitaler Techniken würden immer kürzer.