Jenny Hug mit drei estnischen Austauschschülern. Sie selbst war im Oktober letzten Jahres in Estland und sorgte nun hier vor Ort für eine hervorragende Betreuung. Foto: Schulen Foto: Schwarzwälder-Bote

Kaufmännische Schulen: Auslandserfahrung kommt später den Betrieben zugute

Villingen-Schwenningen. Im Mai diesen Jahres waren wieder 40 Auszubildende der Kaufmännischen Schulen in Villingen-Schwenningen aus verschiedenen Ausbildungsberufen für drei Wochen in London, um die Zusatzqualifikation "Kaufmann International" am "College for Business and Management" zu erwerben. Dieser Abschluss ergänzt den hiesigen IHK-Abschluss um eine internationale Zusatzqualifikation, die mit Inhalten wie internationaler Geschäftskommunikation, Einblick in das angelsächsische Recht und Exkursionen aufwartet und mit einer Abschlussprüfung endet.

Wie in den letzten Jahren waren die Schüler nicht nur vom College, sondern auch vom internationalen Flair Londons begeistert. Zudem erhalten die Schüler den Europass Mobilität, der den Aufenthalt und die vermittelten Inhalte bestätigt. Bereits im Oktober letzten Jahres waren sechs Auszubildende der Schule in Estland, wo sie ebenfalls drei Wochen verbracht haben. Hier ist der Fokus etwas anders gelagert als in London: Im Vordergrund steht ein einwöchiges Praktikum sowie der Schulbesuch an unseren Partnerschulen in Tallinn und am Berufsbildungszentrum in Vaimela im Süden Estlands. Darüber hinaus kommen die Schüler hier Europa ganz nah: Die Besichtigung dreier Hauptstädte – neben Tallinn auch Riga und Helsinki – steht ebenso auf dem Programm wie ein Besuch in der Deutschen Botschaft.

Das Besondere an dem Estlandprojekt der Kaufmännischen Schulen ist, dass dieses auf einem echten Austausch basiert, während es nach London nur one way geht. Dieser Austausch bedeutet, dass die KS1 auch Schüler der beiden Partnerschulen aufnehmen. Diese besuchen den Unterricht und absolvieren im Anschluss ein Praktikum wie zuletzt bei der Sparkasse Schwarzwald-Baar oder der Stadt Villingen-Schwenningen.

Untergebracht sind die Schüler währenddessen im Internat der Hotel- und Gaststättenfachschule. Insgesamt gelingt damit eine runde Kooperation verschiedener Institutionen im Schwarzwald-Baar-Kreis.

Für die Schule bedeuten die Projekte sehr viel Arbeit, die sich aber immer wieder lohne, wie der stellvertretende Schulleiter Holger Ludolph findet, der die Projekte federführend betreut: "Die Betriebe bekommen andere, reifere Auszubildende nach einem Auslandsaufenthalt zurück – selbstbewusster und sprachgewandter. Denn es sind viele Hürden zu überspringen, die unsere Auszubildenden, auch bei kleineren Problemen, bisher wunderbar gemeistert haben."

Die Projekte werden gemeinschaftlich mit anderen Kollegen des sogenannten Europateams der KS1 gestemmt. Zur Bekräftigung der bestehenden Partnerschaft und vor allem der Fortführung der Projekte wurde mit den beiden Schulen in Estland im vergangenen Oktober eine Schulpartnerschaft eingegangen. Im gemeinsamen Festakt wurde nochmals bekräftigt, wie wichtig den beiden Schulen eine gemeinschaftliche Zusammenarbeit im Sinne des europäischen Gedankens ist.

Neben den Projekten für die Auszubildenden findet damit verbunden nun erstmals auch ein Lehrerprojekt statt. Dieses, ebenfalls durch Erasmus+-Mittel geförderte Projekt, beschäftigt sich mit dem neuen Ausbildungsberuf Büromanagement. Hier treffen die Lehrer auf die estnischen Kollegen, die sich ebenfalls mit diesem Ausbildungsberuf beschäftigen. Spannend für die estnischen Partner ist hierbei unter anderem, wie der Stoff in Lernsituationen vermittelt wird, um diesen praxisnah umzusetzen. Auf der anderen Seite gibt es spannende Themen für die Lehrer der KS1: in dem Land, in dem Skype erfunden wurde, gibt es noch viele spannende didaktische Erfahrungen zu entdecken, über Tabletklassen bis zu Videokonferenzen und wie diese in den Unterricht integriert werden können.

Neben den Angeboten für die Auszubildenden und die Kollegen wird auch die Zusammenarbeit im Wirtschaftsgymnasium ausgebaut. Richtung Frankreich schauen die Lehrer dort gemeinsam mit den Kollegen des Lycée des Métiers F.D. Roosevelt in Mulhouse und den Schülern in eine gemeinsame Zukunft. Diese Partnerschaft soll weiter ausgebaut werden. Wie die zuständige Französischkollegin Heike Bantle betont, ist die regionale Nähe der beiden Schulen eine Chance für einen regelmäßigen Austausch und verhilft dazu, das Französische für die Schüler zu einer lebendigen Sprache werden zu lassen. Auch in Richtung Spanien, hier Mallorca, bestehen Verbindungen, die im kommenden Schuljahr belebt und vertieft werden sollen. Ziel ist es dabei, dass alle Schüler der Klasse zwölf einen einwöchigen Auslandsaufenthalt absolvieren, um ihre erworbenen Sprachkenntnisse anzuwenden und zu vertiefen. Dafür wird derzeit auch das englischsprachige Ausland unter die Lupe genommen. "Bleiben wir gespannt", wie die Abteilungsleiterin des Wirtschaftsgymnasiums Ann-Katrin Scherr hinzufügt, "wo uns die europäischen Wege noch hinführen."