Binyan und Temesken (links) sowie den anderen Eritreern bereitet das Reparieren der Fahrrärder große Freude. Hüseyin Sarica leitet sie dabei an. Die Räder werden in Afrika als Transportmittel verschiedenster Art eingesetzt (Bild links, unten). Fotos: Bloss/Rapp, Montage: Hackenjos Foto: Schwarzwälder-Bote

Aktion Fahrräder für Afrika: Ewald Baumann und Asylbewerber bereiten Seefrachtcontainer vor / Hilfe willkommen

Von Mareike Bloss

VS-Schwenningen. Im Erdgeschoss des Hauses in der Sturmbühlstraße 2 sieht es chaotisch aus – Fahrräder, soweit das Auge reicht. Denn hier werkelt derzeit Ewald Baumann für die Aktion Fahrräder für Afrika, die er zusammen mit afrikanischen Flüchtlingen auf die Beine stellt.

Temesken ist aufgeregt. Gleich beginnt sein Training beim Radverein Obereschach, auf das er sich die ganze Woche schon gefreut hat. Doch zunächst muss er noch das Damen-Rennrad, das Ewald Baumann heute frisch hereinbekommen hat, wieder fahrtüchtig machen.

Zusammen mit einigen anderen Kollegen aus dem Asylbewerberheim in der Villinger Straße hilft er dem Mitorganisator der deutschlandweiten Spendenaktion, eine Räder-Annahmestelle mit Werkstatt am Marktplatz zu etablieren.

Seit ein paar Wochen sind Ewald Baumann und sein Kollege Hüseyin Sarica nun in Schwenningen, sind glücklich, dass ihnen die Stadt das dreistöckige Gebäude, in dem früher ein Schreibwarenladen untergebracht war und das über 15 Jahre leer stand, zur Verfügung gestellt hat. Und zudem froh, dass ihnen die afrikanischen Flüchtlinge dabei tatkräftig unter die Arme greifen. Immer mittwochs zwischen 16 und 19 Uhr nimmt das Projekt gebrauchte Fahrräder von Schwenninger Bürgern an.

Wo diese momentan noch wild in der Gegend herumliegen, soll bald in den oberen Stockwerken ein geordnetes Lager entstehen, und unten eine Werkstatt, in der die Fahrräder, die der Verein aus Börsen oder Spenden bezieht, auf Vordermann gebracht werden. Und nicht nur das: Die Fortbewegungsmittel, egal ob klein oder groß, verrostet oder verbogen, müssen ebenso "verpackungsfertig", das heißt zerlegt und ausgeschlachtet werden.

Denn: Die Fahrräder werden per Seefrachtcontainer, 350 Stück pro Container, ein erster soll im August auf Reisen gehen, nach Afrika verschifft, um dort auf verschiedenste Art und Weise wiederverwendet zu werden, wie Baumann weiß: "In Eritrea werden die Räder für sportliche Zwecke benötigt, denn dort ist Rennradfahren sehr beliebt. Aber in den anderen afrikanischen Ländern, zum Beispiel Ghana oder Kenia, brauchen die Einheimischen die Räder als Transportmittel zum Geldverdienen", erzählt der Tüftler.

Er holt eine Handvoll Fotos heraus, die Afrikaner im Einsatz mit den Rädern zeigen. Landwirtschaftliche Produkte, Ziegel oder andere Lasten werden nicht nur gefahren, sondern auch geschoben. Baumann ist anzumerken, dass ihm das Wohl der Bedürftigen am Herzen liegt.

Umso mehr lässt sich nachvollziehen, dass er Temesken und die afrikanischen Asylbewerber so herzlich bei sich aufgenommen hat. "Ich hoffe, dass noch ein paar Eritreer dazukommen, es ist ja quasi ihr Projekt. Und vielleicht kann das Ganze auch im Rahmen einer Ein-Euro-Job-Aktion laufen", meint Baumann. Wenn das Team aufgestockt wird, dann hofft er zudem, bald auch die Öffnungszeiten erweitern zu können.

Sowohl Temesken als auch sein Freund Binyan fühlen sich wohl bei ihrem "Chef", denn das Reparieren von Fahrrädern kennen beide bereits von ihren beruflichen Tätigkeiten aus Eritrea, Binyan hatte dort sogar eine eigene Werkstatt.

"Von Eritreern für Eritreer – dieses Motto können Temesken und seine Kollegen ebenso auf die Situation in Schwenningen übertragen. Denn auch hier haben die Afrikaner Bedarf an Fortbewegungsmitteln, sodass einige wenige Räder an die Asylbewerberheime gehen. Der 24-Jährige plant außerdem, einen Fahrradkurs für interessierte Asylbewerber anzubieten.

Dann kommt Temeskens Radfahrkollege Heinz Herbst ins Geschäft, um ihn für das Training abzuholen. Die Integration des Eritreers in den Verein habe super geklappt, meint Herbst. "Ich muss gehen", sagt Temesken und streift sich sein Trikot über. Aber er freut sich bereits auf das nächste Mal, wenn er in der Werkstatt bei Ewald Baumann und Huseyin Sarica Fahrräder für seine Landsleute reparieren darf.

Die Aktion Fahrräder für Afrika sucht für die Werkstatt in der Sturmbühlstraße 2 sowohl gebrauchte Fahrräder als auch gebrauchte Kastennähmaschinen, die mittwochs zwischen 16 und 19 Uhr abgegeben werden können. Ewald Baumann (Telefon 0151/15292407) freut sich zudem über Werkzeug-Spenden sowie über Hobby-Schrauber, die ihn und die eritreischen Flüchtlinge tatkräftig unterstützen können. Weitere Infos unter www.afrikafahrrad.de