Sie haben nicht immer gut lachen: Astrid Sterzel (von links), Beyin Kftemichael, Manfred Kiewald und die psychologische Praktikantin bei Refugio, Rahel Everding. Foto: Heinig Foto: Schwarzwälder-Bote

Soziales: Manfred Kiewald spricht über traumatisierte Patienten / Sterzel: In Menschen Chancen sehen

Villingen-Schwenningen. Zum "Tag des Flüchtlings" am Freitag, 30. September, möchte Refugio VS, das Psychosoziale Zentrum für traumatisierte Flüchtlinge, die Menschen in den Blickpunkt gerückt sehen, die hinter den sogenannten Flüchtlingsschicksalen stehen.

Ihm droht Gefängnis

So wie Beyin Kftlemichael. Der 31-Jährige Eritreer floh 2008 aus seiner Heimat nach Äthiopien. Der Biologiestudent, der auch als Lehrer arbeitete, weigerte sich, den politischen Unterricht im Sinne der Machthaber zu gestalten – dem Christ drohte Gefängnis. In den sieben Jahren im Flüchtlingslager von Adis Abeba ließ er sich zum medizinischen Laboranten ausbilden. Alleine und ohne Perspektive in Afrika schlug er sich 2015 nach Deutschland durch.

Inzwischen hat er eine dreijährige Aufenthaltsgenehmigung. Kftlemichael ist ehrgeizig und zur Integration entschlossen. Er besucht noch bis Februar einen Integrationskurs, hat in einem Jahr schon gut Deutsch gelernt, beherrscht das Englische aber noch besser und will sich so gerne in seinem Beruf weiterbilden. Zunächst muss er als anerkannter Flüchtling aber eine eigene Wohnung finden, denn in der Gemeinschaftsunterkunft in den Erbsenlachen in Villingen darf er nicht länger bleiben.

Als von Folter- und Gewalterfahrungen traumatisierter Flüchtling ist er Patient bei Refugio. Der Diplom-Psychologe Manfred Kiewald, eigentlich Ruheständler, aber seit April als psychologischer Psychotherapeut für Refugio tätig, spricht über die Krankheit der posttraumatischen Belastungsstörung. "Es ist, als schlüge ein Blitz in die Seele ein", sagt er. Die schrecklichen Bilder lassen den Patienten kaum schlafen, beliebige Außenreize bringen die Erinnerungen auch tagsüber immer wieder zurück. Der traumatisierte Mensch klagt über körperliche Schmerzen, zieht sich zurück, leidet unter Depressionen, hegt Suizidgedanken, Kinder verweigern das Sprechen.

Schon nach 25 therapeutischen Sitzungen könne eine wesentliche Besserung erzielt werden, sagt Kiewald. Dazu beitragen kann eine Bleibe-, wie auch eine emotionale Sicherheit. Demgegenüber stehe jedoch die politisch geforderte schnelle Auskunft der Flüchtlinge über ihre Geschichte, die sie aber nicht im Stande sind zu erzählen.

"Und wir sollen manchmal innerhalb einer Woche Gutachten schreiben", sagt Astrid Sterzel, "das ist unmöglich". Die Refugio-Geschäftsführerin appelliert an Politik und Gesellschaft, in den Flüchtlingen keine Gefahr, sondern Menschen mit Potenzialen zu sehen, die sich einbringen wollen. So wie Beyin Kftlemichael, der sich nichts sehnlicher wünscht als in Deutschland zu arbeiten.