Amtsgericht stellt Verfahren gegen Antifaschisten unter Geldbuße von 750 Euro ein

Von Florian Hahnel

Villingen-Schwenningen. Verfahrenseinstellung im Villinger Amtsgericht: Die Konfrontation zwischen dem regionalen Pegida-Ableger Sbh-Gida und dem Offenen Antifaschistischen Treffen VS (OAT) am 19. April hat für einen jungen Mann ein juristisches Nachspiel.

Gestern nun erfolgte der Schiedsspruch von Richter Christian Bäumler. Einstellung, aber eine Geldbuße von 750 Euro wegen eines wohl doch versuchten Fußtrittes gegenüber einem Polizisten – der während der Hauptverhandlung nahezu durchgehend schweigsame Angeklagte machte weder Angaben zur Sache noch zu seinen persönlichen Verhältnissen.

18 Interessentendrängen sich in den Saal

"Würde es nicht auch um Demonstration, Gegendemonstration und um die Polizei gehen, wäre die Sache wohl gar nicht auf meinem Tisch gelandet", versuchte Bäumler zu beschwichtigen. Zur im kleinen Nebengebäude des momentan zu renovierenden Amtsgerichts stattgefundenen Verhandlung ergab sich eine nennenswerte Präsenz von Ordnungshütern. Rund 18 der OAT wohl nahestehende Interessenten drängten in den lediglich doppelzimmergroßen Sitzungssaal der AG-Außenstelle, es musste nachgestuhlt werden.

Laut Klageschrift trat der junge Angeklagte im Zuge der "Doppel-Demo" nach einem ihn von einem Absperrgitter stoßenden Polizisten, der Tritt verfehlte den 27-jährigen Versammlungsschützer.

Nur dieser sowie einer seiner damaligen Kollegen wurden im Zuge der Beweisaufnahme als Zeugen vernommen, man sei eingeschritten, nachdem der Angeklagte und eine weitere Person Anstalten gemacht hätten über ein Sperrgitter zu steigen.

"Ich stieß beide Personen zurück. Der Tritt des Angeklagten erfolgte, als dieser aus der Reihe hinter ihm zurückgezogen wurde, es herrschte eine aufgeheizte Stimmung", schilderte der 27-Jährige.

"Man muss nicht aus jeder Mücke einen Elefanten machen, ich hätte aber kein Problem damit, eine Verurteilung zu beantragen", intervenierte der Staatsanwalt schließlich. Die Verteidigung konterte prompt: "Und ich hätte kein Problem damit, einen Freispruch zu beantragen."

Die Blicke richteten sich auf Bäumler, dieser gab sich mit der Verfahrenseinstellung unter Auflagen, je nach Sichtweise, salomonisch. Erst nach dem Urteilsspruch öffneten sich die Lippen des Angeklagten. "Mein Mandant möchte noch eine Erklärung abgeben", informierte sein Verteidiger. "Der Gerichtssaal ist kein Ort für politische Kundgebungen, man möge diese bitte unterbinden", forderte die Klageseite. Bäumler ließ den jungen Mann gewähren, dieser hob auf den seiner Meinung nach in Deutschland problematisch aufkommenden Rechtsextremismus ab und kündigte an, sich persönlich nicht "unterkriegen zu lassen", auch nicht während der kommenden Sonntag erneut anstehenden Konfrontation von Sbh-Gida und OAT.

"Wissen Sie, die Justiz ist mit beiden Seiten konfrontiert, beobachtet Ausschreitungen im rechten wie im linken Lager. Nur: Polizisten darf man nicht angreifen. Diese stehen dazwischen und machen lediglich ihren Job, als Versammlungsschützer mitunter in einer ihnen unbekannten Stadt", sagte Richter Christian Bäumler.