Mehrere hundert Gäste wohnten der Jubiläumspremiere zum 30-jährigen Bestehen des Villinger Sommertheaters bei. Für die vielen komödiantischen Verwicklungen im Stück Figaros Hochzeit boten Gebäude und Garten der Junghans-Villa im Warenbachtal ein perfektes Ambiente. Fotos: Trenkle Foto: Schwarzwälder-Bote

Kultur: Vollbesetzte Ränge im Garten der Junghans-Villa / "Figaros Hochzeit" in lauer Juni-Nacht

30 Jahre Villinger Sommertheater: Um diesen runden Geburtstag gebührend zu feiern, hat sich das Team des Theaters am Turm mit "Figaros Hochzeit – Der tolle Tag" von Pierre Augustin Caron de Beaumarchais für diesen Sommer besonders viel vorgenommen. Premiere war am Freitagabend.

VS-Villingen. Was so alles bei einer Hochzeit schief gehen kann, zeigt die Komödie des französischen Schriftstellers aus dem 18. Jahrhundert über drei Stunden hinweg deutlich auf. Im Erstberuf war de Beaumarchais Uhrmacher und erfand eine Erweiterung der Ankerhemmung. Später interessierte ihn die Schriftstellerei viel mehr und wiederum für deren berühmtestes Ergebnis "Figaros Hochzeit" dann Wolfgang Amadeus Mozart und dessen Opernlibrettist Lorenzo da Ponte, welche daraus die weltbekannte Oper formten.

Was alles bei der Premiere einer aufwändigen Inszenierung mit vielen verschiedenen Facetten schief gehen könnte, darf man sich gar nicht ausmalen. Ähnlich einem präzisen Uhrwerk schaffte es das Ensemble vor ausverkauftem Haus perfekt im Ablauf zu harmonieren. Eigentlich war es ein ausverkaufter Garten vor einem wunderschönen Haus: der Junghans-Villa im idyllischen Villinger Warenbachbachtal. Das große Haus aus den 20er Jahren mit seiner halbrund gebogenen Form, dazu zufälligerweise noch von einem Spross der Schramberger Uhren-Unternehmerdynastie, dem Fabrikanten Siegfried Junghans (1877 bis 1954) erbaut, könnte man auch als Teil jenes Uhrwerks betrachten: ein sehr großes!

Als für das Ensemble vor vielen Monaten klar wurde, dass es Villa und Garten dank des heutigen Besitzers und Sponsors Jo Müller für das "30-Jährige" nutzen darf, wurde dann erst – also nach Festlegung des Orts – ein hierfür besonders passendes Stück gesucht. Kaum eines könnte zu dem eindrucksvoll schlossartigen Gebäude als Bühne besser passen als ein Werk, welches die frühere Feudalherrschaft auf die Schippe nimmt.

Übrigens: Schon einmal war die Junghans-Villa Schauplatz einer Theateraufführung – 1988, ein Jahr nach Gründung des Sommertheaters, stand die Villa damals leer und bot ebenfalls eine tolle Kulisse.

Den wesentlichsten Anteil am perfekten Ablauf der nun großen Jubiläumspremiere leistete das elfköpfige Schauspielerteam unter der Regie des Wiener Regisseurs Ches Themann. Seit Ostern probten Schauspieler nahezu jeden Tag, um die fünf Akte des Beaumarchais’ in der nun gezeigten perfekten Qualität aufzuführen.

Zu nennen ist da beispielsweise Ronny Munz als alles dominierender Graf Almaviva, der ein Auge auf die Verlobte Susanne (Alexandra Ben) seines Kammerdieners Figaro (Ercan Özmen) ein Auge geworfen hat und sogar mit dem feudalen Recht der "ersten Nacht" dies umsetzen dürfte. Die Gräfin (Ulrike Dworschak) weiß dies gemeinsam mit Figaro und weiteren Mitgliedern des Hofes durch allerlei Intrigen zu verhindern.

Parallel hierzu finden sich viele sonstige komödiantische Gespinste in der rund 230 Jahre alten Geschichte. Eindrücklich war hier auch die schauspielerische Leistung von Ulrike Riesterer (als Marzelline), Karolin Hertfelder (Fanchette), Reinhard Gackowski (Arzt Bartholo), Leslie Ade (Page Cherubin), Bernhard Cherubini (Dorfrichter) und Andreas Erdel (Musiklehrer Basilio).

Textlich eher im Hintergrund blieb diesmal Henry Greif. Als Schlossgärtner fuhrwerkte er dafür überall im Garten an allerlei Pflanzen und damit mitten im Zuschauerbereich herum. Ein paar Mal wird er im Stück auch gegenüber dem Grafen eindrucksvoll laut, weil Page Cherubin nicht auf seine Blumentöpfe achtet.

Bestens verstand es die Regie, die repräsentative Front der Villa ins Geschehen einzubinden. In deren Fenster zeigen sich einzelne Figuren, Cherubin steigt gar mit der Strickleiter nach unten und auf der Freitreppe davor spielt das Hauptgeschehen.

In die Handlung ist auch das Publikum etwas eingebunden. Immer wieder wandelten die Protagonisten in der Premiere durch die ausverkauften Ränge im Garten umher.

Ein weiteres Rädchen im perfekten Uhrwerk stellten die Unterstützer wie beispielsweise die Historische Bürgerwehr und Trachtengruppe Villingen mit deren Abteilung Kavallerie dar. Ohne sie wäre die Ausstattung mit zeitentsprechender Kleidung oder gar der Auftritt eines Pferdes nicht möglich gewesen. Zu erwähnen sind auch das Zunftballett, die technische Bühnenunterstützung im Hintergrund (beispielsweise für Beleuchtung, Einspielung von Musik) und der Besitzer eines Oldtimers aus dem Jahr 1936 sowie zahlreiche Sponsoren. Gedacht ist von den Veranstaltern auch an Essen und Trinken.

Wie sehr sich ein Teil des Garten für Bewirtung eignet, zeigt sich bei der Premiere in der Pause. Über das Bild des Uhrwerks hinaus gibt es aber auch noch das Nicht-Planbare – beispielsweise das Wetter. Es spielte bei der Premiere am Freitag durch die Bereitstellung einer warmen, nicht zu schwülen Sommernacht eine kaum zu überschätzende Statistenrolle. Wenn das Wetter weiterhin im Ensemble gut mitspielt, könnten auch die nun noch anstehenden 15 weiteren Aufführungen bestens gelingen. Zum Happy End: Selbstverständlich bekommt am Ende Figaro die Braut Susanne und der Graf Hohn und Spott.

Aufgeführt wird das Stück noch an folgenden Tagen: 30. Juni sowie 2., 5., 7., 9., 12., 14., 15., 16., 19., 21., 23., 25. sowie 26. Juli. Einlass ist jeweils um 19 Uhr, Beginn um 20 Uhr. Karten sind nur an der Abendkasse erhältlich. Bei schlechtem Wetter kann nicht gespielt werden. Auf www.theater-am-turm.de wird eine Absage mitgeteilt. Vor der Villa sind keine Parkmöglichkeiten vorhanden.