Amtsgericht: 27-Jährige zu Bewährungsstrafe verurteilt / Angeklagte muss mit Psychiatrie Kontakt aufnehmen

Von Florian Hahnel

VS-Villingen. Eine junge Frau gab unter falschem Namen 27 Bestellungen im Internet auf und soll eine Handtasche sowie ein Handy gestohlen haben. Im Villinger Amtsgericht wurde nun ein fünf Jahre anhängiges Verfahren beendet.

"Wir versuchen heute ein weiteres Mal alles unter einen Hut zu bringen", seufzte Richter Christian Bäumler eingangs der Hauptverhandlung, die Verteidigung sprach von "sich ungewöhnlich lange hinziehenden Ermittlungen". Die mehrfach vorbestrafte 27-jährige Angeklagte gab sich überwiegend geständig, will besagtes Handy aber gefunden und nicht gestohlen haben.

Alles begann 2011 mit der Bestellung von Artikeln für die Baby- und Kindesausstattung, die 27-Jährige hat eine ihr zwischenzeitlich entzogene und beim Kindsvater lebende Tochter. Mit Kinderschuhen und Bekleidungsstücken war es aber nicht getan. In betrügerischer Absicht wurden desweiteren ein Tablet-PC, diverse andere Elektronikgeräte, Lebensmittel und Kosmetika sowie Haushaltswaren geordert. Auch eine Kraftfahrzeugversicherung und einen Dienstleistungsvertrag schloss die 27-Jährige mit falscher Identität sowie unter Vorspiegelung der Zahlungsfähigkeit ab.

Laut dem im Verfahren gehörten medizinischen Sachverständigen hat die aus dem kurdischen Teil der Türkei stammende Angeklagte drei Selbstmordversuche hinter sich und war über längere Zeit seelisch stark in Mitleidenschaft gezogen. Ihre Eltern hätten eine tiefere Liebesbeziehung mit einem jungen Mann unterbunden, der Vater sei getötet worden. "Seit geraumer Zeit steht die Angeklagte aber besser im Leben, nicht allein deshalb kann man ihr keine verminderte Schuldfähigkeit zusprechen", wertet der Psychiater.

Die Betrugsdelikte fanden bis 2014 statt, in der Folge trat die 27-Jährige strafrechtlich nicht mehr in Erscheinung. Die junge Frau bessert mit Hilfsarbeiten ihre Grundversorgung auf und will das Sorgerecht für die Tochter wieder erwirken. Als das Kind zurückliegend dem Vater zugesprochen wurde, sei es zum dritten Suizidversuch gekommen. "Ich rate sehr zu einer ambulanten Therapie, nicht jedoch wegen eines psychischen Krankheitsbildes. Es sind viele Dinge aus der Vergangenheit nicht aufgearbeitet worden, das ist das Hauptproblem der Angeklagten", so nochmals der Sachverständige. Ähnlich sehen es Staatsanwaltschaft und Verteidigung. Trotz eines Bewährungsbruchs muss die 27-Jährige nicht ins Gefängnis, der Diebstahl eines Handys kann nicht nachgewiesen werden. "Es gibt zudem Belastungstendenzen einzelner Zeugen, die Sache mit der Handtasche kann man auch als Unterschlagung werten", befand Bäumler vor der Urteilsverkündung.

Eine Bewährungsstrafe von knapp zwei Jahren sowie eine Geldstrafe von 900 Euro bleiben für die junge Frau stehen, die Bewährungszeit wurde bewusst auf fünf Jahre verlängert.

Die 27-Jährige muss Kontakt mit der Psychiatrie aufnehmen und eine Therapie beginnen, ein Fachbetreuer steht ihr weiterhin zur Seite.