Heinz Lörcher zeigte an der Hochschule für Polizei Formen des Erinnerns an den Unrechtsstaat im Dritten Reich auf. Foto: Heinig Foto: Schwarzwälder-Bote

Historiker Heinz Lörcher spricht über Formen des Erinnerns ans "Dritte Reich"

Villingen-Schwenningen (bn). Im Rahmen ihres Projektes "Polizeigeschichte" hatte die Hochschule für Polizei zum Vortrag von Historiker Heinz Lörcher eingeladen, der sich mit den Formen des Erinnerns an den Unrechtsstaat des "Dritten Reiches" beschäftigte.

Gerade hat die Hochschule die Ausstellung "Ordnung und Vernichtung – die Polizei im NS-Staat" eröffnet. Der Förderverein hat dazu ein Rahmenprogramm in seinem studium generale erarbeitet, in dem auch Lörchers Thema Platz fand. "Erinnerung ist nie eindeutig" – der Einstieg Lörchers machte klar, dass nicht die Erinnerung selbst, sondern die daraus gezogenen Konsequenzen für Gegenwart und Zukunft wichtig seien. In seiner Betrachtung der Formen des Erinnerns in Villingen-Schwenningen stellte er fest, dass Erinnerungen an die Opfergruppen der Nazi-Diktatur heute persönlicher und häufiger seien als in den ersten Jahrzehnten nach Kriegsende. Die Gedenktafel auf dem Schwenninger Friedhof, die besagt, dass dort "zwei Juden, ein Jugoslawe, ein Norweger und ein Unbekannter ruhen" sei 2001 ergänzt worden um eine Tafel mit Namen, Alter und Sterbedaten. "Opfer bekommen mehr Identität", stellte Lörcher dazu fest.

Die Zeichen zur Erinnerung an die Opfer des damaligen Regimes wie Juden, Zwangsarbeiter, Kriegsgefangene, Behinderte oder Sinti und Roma, aber auch die politischen Gegner des Regimes wie Sozialdemokraten und Kommunisten seien in der Stadt an vielen Orten zu finden. Häufig seien erst später historische Erklärungen dazugekommen, wie an der Poleneiche zwischen Villingen und Pfaffenweiler, an der ein polnischer Zwangsarbeiter aufgeknüpft wurde, weil er ein deutsches Mädchen liebte. Oder am Brunnen auf dem Villinger Heidplatz, der an den Widerstand des SPD-Landtagsabgeordneten Josef Heid erinnert. Erst 1974 erhielt die Sonderschule für Lernbehinderte in Schwenningen den Namen Janusz Korczaks, eines Juden und Lehrers, der zusammen mit seinen Schülern ins KZ ging.

Lörcher ging auch auf den Kampf Rudolf Jankes ein um ein sichtbares Gedenken an die Zerstörung des jüdischen Betsaales in der Villinger Gerberstraße 1938. Fast zehn Jahre dauerte es, bis die Stadt am Brunnen vor der Johanneskirche eine entsprechende Tafel anbrachte. Die damaligen Argumente dagegen gleichen denen der Gegner heute beim Thema "Stolpersteine".