"Mit dem Aufbau einer Portalpraxis, zum Beispiel", um durch eine der Notaufnahme vorgeschaltete Praxis die Besucherströme besser zu steuern und die Ambulanz zu entlasten. Foto: Hollemann

Statt Hausarzt lieber Krankenhaus: Aufbau einer Portalpraxis am Schwarzwald-Baar-Klinikum soll Patienten besser steuern.

Villingen-Schwenningen - Seit Montag hat die Frau Bauchweh und geht am Freitagabend in die Notaufnahme im Schwarzwald-Baar-Klinikum. Fast jeder dritte Besucher ist fehl am Platz und wäre beim Hausarzt besser aufgehoben. Wie stoppt man diese "Ameisenstraße"?

"Mit dem Aufbau einer Portalpraxis, zum Beispiel", um durch eine der Notaufnahme vorgeschaltete Praxis die Besucherströme besser zu steuern und die Ambulanz zu entlasten. Der Mediziner, der das vorschlägt, kennt sich aus mit Patientenströmen. Johannes Probst, selbst seit mehr als 30 Jahren Allgemeinmediziner mit eigener Praxis und zudem Mitglied im Notfalldienst-Ausschuss der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg, möchte ein entsprechendes Pilotprojekt in VS auf die Beine stellen.

Zunächst hatte der Arzt aus St. Georgen das Thema Portalpraxis aus aktuellen Gründen aufgegriffen: Viele Flüchtlinge seien gleich zur Notaufnahme gefahren, anstatt zuerst die medizinische Versorgung in den Erstaufnahmestellen abzuwarten. Mittlerweile habe sich die Situation wieder entspannt, was Sandra Adams, Pressesprecherin des Schwarzwald-Baar-Klinikums, erst kürzlich auf Anfrage des Schwarzwälder Boten bestätigen konnte. In die Notaufnahme der Klinik kommen etwa fünf bis zehn Flüchtlinge, ein kleiner Teil müsse auch stationär aufgenommen werden. Etwa 120 Patienten suchen täglich die Notaufnahme auf.

Dennoch bleibt das Thema Portalpraxis akut. Aus gutem Grund kommentiert Sandra Adams Probsts Idee mit den Worten: "Wir wären für eine Portalpraxis offen und würden ein solches Projekt befürworten." Die Tendenzen sprechen für sich. "Es ist schon länger zu beobachten, dass Patienten die Notaufnahme besuchen, die eigentlich vom Hausarzt behandelt werden könnten", stellt Adams die Situation dar. Das gelte für etwa ein Drittel bis ein Viertel aller Patienten, ergänzt sie. Diese "Selbsteinweiser" seien im Schnitt etwa 35 Jahre alt.

Verstärkt verzeichne die Notaufnahme abends und nachts solche Fälle. "Unsere Ärzte sehen manche Patienten, die seit Tagen oder Wochen Bauchschmerzen oder Husten haben und dann am Wochenende in die Notaufnahme kommen", beschreibt die Pressesprecherin das Problem.

"Der erste Gang muss der zum Hausarzt sein." "In solchen Fällen weisen wir die Patienten schon darauf hin, dass sie mit ihrer Erkrankung ein Fall für den Hausarzt wären (und nicht für die Notaufnahme)." Es gebe aber von Seiten der Patienten relativ wenig Verständnis dafür, beschreibt Adams die Reaktionen. Die primäre Aufgabe der Notaufnahme sei die Versorgung schwerkranker Patienten.

Eine schwierige Situation, die nach einer Lösung geradezu schreit, ist sich Probst sicher. Denn durch dieses Verhalten werde nicht nur die Notaufnahme stark strapaziert, sondern zudem auch noch die Position der Hausärzte ausgehebelt.

Seine Idee: In den Räumen des Schwarzwald-Baar-Klinikums könne man eine Portal-Praxis einrichten, täglich und im Wechsel mit den niedergelassenen Vertragsärzten. Diese klären in einer ersten Untersuchung ab, ob die Beschwerden wirklich so ernst und kritisch sind, dass sie eine Überweisung auch rechtfertigen. Dies sei sicher ein guter Weg, "um diese Ameisenstraße in die Notaufnahme aufzuhalten", so Probst.

Kai Sonntag, Pressesprecher der KV Baden-Württemberg, erteilt dem Vorhaben Portal-Praxen eine klare Absage. Für ihn ist dieser Weg ein "Systembruch", außerdem sei dies nicht finanzierbar. "Patienten haben zu den Sprechzeiten der Hausärzte in Kliniken nichts zu suchen, es sei denn im Ernstfall", ärgert sich Sonntag über diesen Trend. Er räumt jedoch auch ein, dass man beim Thema Portalpraxis sicherlich auch anderer Meinung sein könne bei 21500 Vertragsärzten im Land: "Ich vertrete die Meinung des KV-Vorstands." Doch wie dann die Notaufnahmen entlasten und den Fluss steuern? "Notfalls die Patienten einfach wegschicken", so Sonntags Ansatz.