Ekkehard Hausen berichtet bei der Mahnwache auf dem Muslenplatz über den früheren Stadtrat Karl Schäfer, der ein Opfer der Nazis wurde. Foto: Schlenker Foto: Schwarzwälder-Bote

Verein Pro Stolpersteine erinnert mit Mahnwache auf dem Muslenplatz an Naziopfer Karl Schäfer

Von Ulrich Schlenker

VS-Schwenningen. Etwa 60 Frauen und Männer stehen im Halbkreis auf dem Muslenplatz. Sprachlos hören sie im Halbdunkel Ekkehard Hausen zu. Der Historiker berichtet am Sonntagabend bei der Mahnwache des Vereins Pro Stolpersteine VS vom Schwenninger Naziopfer Karl Schäfer.

Karl Schäfer wohnte unweit vom Muslenplatz in der Talstraße 25, wo er eine Fahrradwerkstatt betrieb. Der Sozialdemokrat engagierte sich als Vorstandsmitglied des Turnerbunds Jahn und beim Radfahrerbund Solidarität. Als Stadtrat lehnte er am 5. Mai 1933 den Antrag ab, Adolf Hitler zum Ehrenbürger von Schwenningen zu erheben. Nach dem Verbot der SPD durch die Nationalsozialisten beginnt für Karl Schäfer die Zeit der Illegalität und des Widerstands. Von einem im Schweizer Exil lebenden Emigranten lässt er sich anwerben, nazikritische Flugblätter und Zeitungen der Exil-SPD in Schwenningen zu verteilen. 1938 wird der Name des Schwenningers nach der Verhaftung von Kurieren illegaler Druckschriften bekannt. Obwohl von Karl Schäfer in den drei Jahren davor keine illegalen Aktivitäten mehr bekannt sind, schlägt die Gestapo zu und verhaftet ihn. Im mörderischen KZ Welzheim stirbt Karl Schäfer am 8. Juni 1938 nach einer Sonderbehandlung. Ohne Nahrung und erbarmungslos misshandelt, erliegt er beim Bau einer Wasserleitung einem Hitzschlag.

"Sucht man in unserer Stadt nach Erinnerungsspuren von Karl Schäfer, wird man schnell enttäuscht", macht Ekkehard Hausen deutlich und stellt die Frage, ob das so bleiben dürfe. Friedrich Engelke, der als Vorsitzender des Vereins Pro Stolpersteine VS an der Mahnwache teilnahm, kann sich einen Stolperstein vor der ehemaligen Wohnung Schäfers als Erinnerung vorstellen.

Die Mahnwachen sind aus seiner Sicht zu einer stabilen Einrichtung geworden. Sie sollen nach der am 25. Januar auf dem Münsterplatz in Villingen endenden Winterserie 2014/2015 fortgesetzt werden.

Die thematische Erweiterung des Opferkreises um Krankenmorde, Sinti und Roma sowie um politisch Verfolgte habe der Verein von Anfang an im Auge gehabt, ließ Organisator Dieter Brandes wissen.

Mit den jüdischen Verfolgten habe man wegen der besseren Recherchelage begonnen, ergänzte Engelke.

In seinem von Pfarrer Brandes vorgelesenen Begleitwort bezeichnete Oberbürgermeister Rupert Kubon Karl Schäfer als ein Vorbild für uns alle. Er sprach sich für eine geeignete Form der ständigen Erinnerung an den ermordeten Stadtrat aus.

Gemeinderat Siegfried Heinzmann erinnerte an weitere örtliche Widerständler aus Politik und Kirche und mahnte zur Wachsamkeit vor heute auf die Straße gehenden Biedermännern, die zu Brandstiftern werden könnten. Für Walter Kuhnen vom DGB sind Mahnwachen wegen fehlender Zeitzeugen zur Erinnerung wichtig.

Die Veranstaltung wurde durch Mitglieder des Bachchors und des evangelischen Kirchenchors musikalisch umrahmt.