Foto: Eugen Gross Foto: Schwarzwälder-Bote

Stahlkonstrukt statt Original-Nachbau: Meinungen gehen auseinander

Für viele Diskussionen hat der Vorschlag von Andreas Flöß gesorgt, der das Niedere Tor in Villingen symbolhaft als Skulptur nachbauen möchte. Vor allem in den sozialen Netzwerken gab es dafür wenig Verständnis.

VS-Villingen. Es ist eine Lücke, die nicht nur Architekt Andreas Flöß schmerzt: Das Niedere Tor ist seit dem Abbruch im Jahr 1847 das einzige Element, das der ansonsten perfekt erhaltene Struktur einer Zähringerstadt fehlt. Die Idee, diesen "fehlenden Mosaikstein" zu ergänzen, sorgt nun für reichlich Diskussion.

Geschichte

Laut den Angaben des Geschichts- und Heimatvereins Villingen (GHV) wurden zunächst die innere Stadtmauer und der Graben (gegen 1200) gebaut, anschließend folgten zwischen 1230 und 1260 der Bau der Tortürme (Bicken-, Oberes, Niederes und Riettor). 1721 folgte der Bau des Vortors, das ebenfalls zur erweiterten Wehranlage gehört. Das Tor wurde 1844 wieder abgerissen, nachdem zuvor ab dem Jahr 1825 bereits die äußere Stadtmauer abgerissen und der Graben verfüllt wurde. Dasselbe Schicksal ereilte das Niedere Tor nur drei Jahre später. Der Grund hierfür lag laut GHV anscheinend in der maroden Bausubstanz und den daraus resultierenden Reparatur- und Unterhaltungskosten.

Die Idee, das Tor wieder aufzubauen, ist nicht neu. Bereits 1982 kam der Vorschlag auf, das Niedere Tor originalgetreu nachzubauen – die Idee wurde jedoch nicht realisiert. Während dieser Phase ist auch das Gemälde von Eugen Gross (Bild) entstanden, der als Maler und Grafiker damit seine Vorstellung des Niederen Tores zum Ausdruck brachte. Als eines der weniger künstlerischen Bilder des nicht mehr existierenden Tores ist es mittlerweile im Besitz des Villinger Sammlers Manfred Hildebrandt.

Übrigens: Bisher wird das abgebrochene Tor nur durch vier Leuchten symbolisiert, die in Bereich des Amtsgerichts stehen.

Vorschlag

Mit einem neuen Vorstoß will nun Architekt Andreas Flöß das Tor symbolhaft als Skulptur wieder aufbauen. Seine Idee: Mithilfe einer Stahlkonstruktion soll die Hülle in den Originalmaßen des Niederen Tors am früheren Standort dargestellt werden. Das 22 Meter hohe Bauwerk würde rund 220 000 Euro kosten und soll durch Spendengelder finanziert werden. Zunächst soll jedoch der Gemeinderat über das Vorhaben entscheiden. Für das Denkmalschutzamt sei das Projekt laut Angaben von Flöß "vorstellbar".

Meinungen

Vor allem in den sozialen Netzwerken wird das Projekt scharf kritisiert, viele sind der Meinung, dass dadurch das Stadtbild zerstört werden würde. Ein Leserin findet deshalb auch, dass es "sinnvolleres zu tun" gäbe, "als unser Stadtbild zu verschandeln." Ein anderer erklärt: "So ein Stahlturm wirkt neben den historischen Türmen nicht sonderlich historisch." Aus diesem Grund wurde außerdem der Vorschlag gemacht, dass "das Original aus Stein, am besten nach alter Bauweise" mehr Zustimmung finden würde. Sarkastisch wird zudem angefügt, dass das neue Tor "so schön wie das Kunstwerk am Klinikum" sei.

Während sich die Gemeinderäte Ernst Reiser ("Andreas ist ein Fraktionskollege von mir, ich werde mich deshalb mit der Meinung raushalten") und Joachim von Mirbach ("Ich bin noch zu keiner Meinung gekommen und wir haben in der Fraktion noch nicht darüber gesprochen") derzeit nicht zu den Plänen äußern, gibt es hingegen von Marcel Klinge versöhnlichere Töne. Der FDP-Politiker hält die Sache für "einen super Einfall." Klinge: "Dass die Finanzierung privat erfolgen soll, macht die Idee zu einem richtigen Bürgerprojekt." Gleichzeitig sagte er seine Unterstützung zu und ist ebenfalls bereits, beim Spenden sammeln zu helfen.

Initiator Andreas Flöß will sich zu den geäußerten Meinungen derzeit noch nicht äußern. Er möchte, dass sich die Diskussionen zunächst beruhigen und sich dann überlegen, inwieweit das Projekt "Niederes Tor" weiter verfolgt werden kann.