Die Stadt plant, das Industriegebiet Ost durch eine zusätzliche Straße "näher" an die Autobahn zu rücken. Auch weil dafür ein Waldstück weichen müsste, wehren sich Naturschützer. Foto: Hennings

Landesnaturschutzverband prangert Anbindung des Industriegebiets Ost an B 523 an.

VS-Schwenningen - Jahrzehntelang hatte es um die Anbindung des Industriegebiets Ost an die B 523 Diskussionen gegeben. Nachdem die Stadt jetzt ihre Pläne bekannt gab, 2017 mit dem Bau der Stichstraße zu beginnen, bekräftigen Naturschützer ihre Kritik.

"Unsere Einstellung hat sich nicht geändert, unsere Kritik an dem Projekt hat sich eher erweitert", sagt Hermann Krafft, Verkehrsreferent des Landesnaturschutzverbands (LNV). Der Verband vertritt die Meinung, dass die Anbindung des Industriegebiets Ost an die Bundesstraße B 523 ein "teures Nullsummenspiel" ist. Ziel der Stadt ist es eigentlich, den Verkehr in Schwenningen durch die zusätzliche Straße zu entlasten. "Doch mehr Straßen induzieren auch mehr Verkehr. Ein Versprechen, dass es zu einer Entlastung kommt, bricht meistens zusammen", nennt Krafft den nach LNV-Meinung wichtigsten Kritikpunkt.

Über die Planung der Stadt, die Stichstraße durch ein Waldstück im Jahr 2017 in Angriff zu nehmen, hatte der Schwarzwälder Bote am 26. Oktober exklusiv berichtet. Die Kosten für den Straßenbau zwischen Bernhard-Steinel-Straße und B 523 sind auf 3,8 Millionen Euro angesetzt. Das Planfeststellungsverfahren hatte das Regierungspräsidium Freiburg im Oktober 2012 genehmigt.

Drei Monate später, im Januar 2013, bezog der LNV in einem Schreiben unter anderem an Behörden und Ämter dann umfassend Stellung zu dem Bauvorhaben. "Diese Kritikpunkte vertreten wir auch weiterhin", sagte gestern Hermann Krafft, der die Mitteilung damals unterzeichnet hatte.

Acht Kritikpunkte führt der LNV darin auf. So sei einerseits die erhoffte Verkehrs-Entlastung des Industriegebiets Ost bereits durch den Kreisverkehr an der Kreuzung Rottweiler Straße/Steinkirchweg erfolgt. Und andererseits werde die Schwenninger Innenstadt durch die Stichstraße wohl nicht profitieren: Da Verkehrsplaner zu verschiedenen Ergebnissen gekommen seien, sei festzustellen, "dass ein neuer Anschluss im Allgemeinen nicht zu einer generellen Entlastung kritischer Bereiche der Innenstadt von Schwenningen führt", heißt es im Schreiben. Stattdessen, so der Vorschlag des LNV, könnte das Stadtzentrum durch Maßnahmen wie zeitliche und räumliche LKW-Fahrverbote entlastet werden – sowieso gebe es auch ohne die geplante Nord-Anbindung bereits alternative Umfahrungen.

"Andere Maßnahmen sind dringender"

Auch weitere vom LNV genannte Punkte hegen Zweifel an einer Verkehrs-Entlastung: So werde bei der Planung der Straße zusätzlicher Verkehr nicht berechnet, sondern nur Verkehr, der aus dem Industriegebiet auf die Bundesstraße fließe. Zudem seien die Prognosen der Verkehrsentwicklung "aus heutiger Sicht nicht mehr haltbar": ökonomische, logistische und demographische Tendenzen stellten den angenommenen Zuwachs an Verkehr in Frage, heißt es weiter. Ein weiterer Kritikpunkt an der B 523-Anbindung ist, dass sich gewerblicher Verkehr in Folge der städtischen Planung schwerpunktmäßig in Richtung Herdenen und Salzgrube verlagere und nicht ins Industriegebiet Ost.

Abzuwarten bleibt für die Naturschützer nun, ob die Stadt ihre Planung auch wirklich in die Tat umsetzt und im kommenden Jahr Bäume rodet – ein gesetzlich vorgeschriebener Ersatzwald wurde hierfür bereits nahe des Zollhauses gepflanzt –, oder ob der für 2017 geplante Spatenstich weiter auf sich warten lässt. Hermann Krafft: "Wenn Stadt bauen will, kann man das kaum verhindern. Unserer Meinung nach sind andere Baumaßnahmen in der Stadt aber dringender."