Der Pfaffenweiler Ortsvorsteher Martin Straßacker musste die Macht an Obernarr Thorsten Simon abgeben. Foto: Zimmermann Foto: Schwarzwälder-Bote

Fasnet: Keine Knochensuche in Obereschach / Lichter gehen in Pfaffenweiler aus

Von Kurt Weiß, Stefan Preuß und Willi Zimmermann

Die Narren übernahmen die Macht in den Stadtbezirken und stürmten die Rathäuser.

Villingen-Schwenningen. Wegen des 40-jährigen Vereinsbestehens der Obereschacher Gayser-Gilde nahm der Schmotzige Dunnstig in diesem Jahr einen etwas anderen Verlauf, da die Knochensuche ausfiel und der überdimensionale Knochen schon seit Wochen in der Ortsmitte thront, der sonst vor der Rathausstürmung aufgestellt wurde.

So hatte die Gayser-Gilde zu einem Hemdglonkerumzug vom Vereinshaus "Alte Schule" zum Rathaus eingeladen, was auch gut angenommen wurde, wenn auch das Wetter nicht gerade einladend war. Selbst die Gayser-Musikanten, die den Umzug anführten, hatten sich genauso in Nachthemden gezwängt wie der Ortschaftsrat und ein Großteil der Gayser-Gilde.

Auch Ortsvorsteher Klaus Martin und seine Räte wollten es im Jubiläumsjahr den Narren nicht unnötig schwer machen und überließen ihnen kampflos das Rathaus, nachdem diese zuvor noch ihren Brauchtumstanz aufgeführt hatten. Da die Gayser-Gilde aber seit ihrer letzten Jahreshauptversammlung nicht mehr von einer Gildemeisterin, sondern von einem vierköpfigen, gleichberechtigten Team angeführt wird, und Ortsvorsteher Martin nicht wusste, wem er nun den überdimensionalen Schlüssel überreichen soll, brach er diesen kurzerhand in vier Teile auseinander.

Bei einem gemütlichen Umtrunk im Rathaus mit zünftigen Fasnetsliedern der Gayser-Musikanten und in den Besenwirtschaften wurde dann kräftig gefeiert.

Die Narren haben am Schmotzige Dunnschtig auch in den Stadtbezirken entlang des Oberen Wolfsbachs das Staatszepter, sprich Rathausschlüssel, an sich gerissen. Sowohl in Herzogenweiler als auch in Pfaffenweiler war der vorgezogene lokalpolitische Aschermittwoch zur Regierungsübergabe eine perfekte Performance. Bei möglichen Wahlen im März würden die beiden Martins (Wangler und Straßacker) als Ortsvorsteher mit Bestimmtheit wieder gewählt werden. Grundsätzlich "machsch du die Sach’ im Rothus scho rächt", erklärte Vize-Glaser-Chef Andreas Neininger, und "mir wisset, dass mir Deutschlands beschte Präsi bi is im Ort hän", auch wenn wir jetzt Schwabenwasser saufen müssen. An der Fasnet soll er sich aber auf ganzer Länge entspannen, beim Glaserball ein wenig "glotze und das eine oder andere Viertele süffle."

Da kam der Herzogenweiler Ortsvorsteher so richtig ins Grübeln und Strählen. Er machte sich doch etwas Sorgen, ob der neue "Ritter" im "Hirschen" dem Glasersturm so einfach gewachsen ist. Die Lampen, die flackern, sie tanzen umher, der Baum in der Mitte ist in Gefahr. Und vor allem, wenn der Koch um 10 Uhr schon heim muss und es keine Meterware Schnitzel mehr gibt. Lasst den Ritter stehen, dass man auch nächstes Jahr noch dorthin zum Ball gehen kann. Auf den Schlüssel werden sie sorgsam achten, versprachen die Glaser, und am Dienstag Abend könne er ja vorbei kommen und ihn wieder abholen.

In Pfaffenweiler macht den Narren der demographische Wandel zu schaffen, bedeutet: Selbst zum Kindermachen wären sie zu zurückhaltend. In Sachen Bauplätze habe sich ebenso wenig etwas getan. Die Narrenräte leben jetzt schon im Exil, in Villingen, in Fischbach, auf den Höfen. Wenn sich nichts ändert, wolle man demnächst mit einer Siedlung bei den Schrebergärten beginnen. "Nach der Fasnet stellen wir um 10 Uhr den Strom ab in Pfaffenweiler", erwiderte Ortsvorsteher Martin Straßacker, und nach einem Jahr werde sich herausstellen, ob die Einwohnerstatistik wieder nach oben geht. Was bei der Schlüsselübergabe kaum auffiel und nur auf Nachfrage bei der Ortsverwaltung zu erfahren war: "Obernarr" Thorsten Simon hatte ja bereits einen Rathausschlüssel um den Hals hängen, einen Goldenen sogar. Warum braucht er dann noch einen zweiten Schlüssel. Mit einem kommen sie sowieso ins Rathaus ein, denn unterm Dach haben die Narren ihr neues Vereinsdomizil eingerichtet. Den zweiten Schlüssel brauchten sie eben für die untere Etage, wo die Ortsverwaltung untergebracht ist. Ganz fastnächtlich stellt sich da die Frage, wo es zuweilen wohl närrischer zugeht, wo sind die Schnittmengen.

Im Anschluss an die Schlüsselübergabe zogen die Narren als Hemdglonker auf eine kurze Rundtour durchs nächtliche Pfaffenweiler, bei der auch die Kinder ihre Fasnetspuppe gefunden haben, bevor man sich vom Durst geplagt in der innerörtlichen Tränke niederließ.

Die Weilersbacher Ortsvorsteherin Silke Lorke hatte zwar das Rathaus verbarrikadiert und große Zettel anbringen lassen: "Wegen jeder Menge Arbeit geschlossen" – aber dadurch ließen sich die Epfelschittler natürlich nicht abhalten, Rathausschlüssel und Macht an sich zu reißen. Gewissermaßen mit der hellen Seite der Macht waren sie zuvor von den Hemdglonkern und deren blütenweißen Leibchen unter dem Klängen des Epfelmarsches zum Rathaus eskortiert worden, natürlich mit dem Narrenbaum im Gepäck, der dann flugs aufgestellt wurde.