Vergangenheit ist die Bertholdshöhe noch nicht, denn die 1904 erbaute und seither ununterbrochen als Gasstätte bestehende Lokalität soll in absehbarer Zeit wieder eröffnet werden. Fotos: Zimmermann Foto: Schwarzwälder-Bote

Gastronomie: Traditionsreiches Gasthaus schließt / Gebäude an Wohnungsbaugesellschaft verkauft / Interessent will übernehmen

Das Gasthaus Bertholdshöhe an der Wieselsbergstraße schließt am morgigen Sonntag nach über 100 Jahren vorläufig seine Pforten.

VS-Villingen. Inhaberfamilie Nagel geht in den Ruhestand und hat das Anwesen mit dem weitläufigen Gelände an eine Wohnungsbaugesellschaft veräußert. Es gebe in der Zwischenzeit jedoch einen ernsthaften Interessenten, der das traditionsreiche Gasthaus weiterführen will, erklärte Alfons Nagel. Genaueres kann er aber noch nicht sagen.

Seit 1904 gibt es die Bertholdshöhe, von Anfang an wurde sie als Gaststätte konzipiert. Erbaut hatte das Gebäude leicht außerhalb der Stadt an der Straße nach Nordstetten Familie Mauch vom Inselhof, welche das Gasthaus bis 1924 selbst bewirtschaftete, ehe es an Kimmich & Harter verpachtet wurde. Die Ära Nagel begann 1933, als Engelbert Nagel aus Gremmelbach für 30 000 Goldmark das Anwesen von der Gambrinus-Brauerei erwarb. Drei Jahre betrieb er das Haus selbst, verpachtete es dann und wandte sich auf dem Ebersteinerhof im Längental bei Dauchingen der Landwirtschaft zu. 1948 übernahmen die Eltern von Alfons Nagel, Alfons und Gertrud Nagel das Gasthaus. In der Folge wurden der Thekenbereich und die Küche umgebaut, und auch ein Kühlhaus kam hinzu. Bis 1967 führte Familie Nagel neben der Gaststätte eine eigene Landwirtschaft. Nach Aufgabe der Landwirtschaft wurde das Anwesen um die heute noch bestehende Kegelbahn erweitert. Die beiden Nebenzimmer kamen ebenfalls hinzu.

1979 übernahm dann Alfons Nagel mit seiner Frau Thea den elterlichen Betrieb. In den folgenden Jahren wurde der gesamte Gaststättenbereich mit Küche und Toilettenbereich komplett erneuert, ein weiteres Nebenzimmer angebaut und die Kegelbahn voll auf elektronischen Betrieb umgestellt. Das von der Bundesstraße sichtbare Wandbild mit der Verleihung der Stadtrechte an Graf Berthold wurde 1982 von zwei Künstlern aus Tuttlingen angebracht. Ziel der Familie Nagel war es, einem möglichst breiten Bevölkerungskreis mit entsprechender Speisekarte und Räumlichkeiten einen angenehmen Aufenthalt zu ermöglichen.

Sie seien mit ihrem Konzept gut gefahren, sehen es Alfons und Thea Nagel. Die Nebenzimmer wurden gebraucht und waren immer gut gebucht. Ein unschätzbarer Vorteil war es auch, so Alfons Nagel, dass immer genügend Parkplätze zur Verfügung standen. Die Wiese neben dem Haus war schon oft Veranstaltungsort für Festivitäten aller Art. Ein besonderes Faible hatte Alfons Nagel für die Vereine, die er bei vielen Gelegenheiten unterstützte. Bis zuletzt war die Bertholdshöhe Vereinslokal des Skat-Clubs Romäus. Es hänge viel Herzblut an diesem Lebenswerk, erklären die scheidenden Wirtsleute, aber man müsse wissen, dass man auch einmal aufhören muss, man sei keine 25 mehr. Neben dem Geschäftsbetrieb mussten sie ja auch für die drei Kinder Zeit frei schaufeln.

Alfons und Thea Nagel werden wohl nicht in Villingen ihren Lebensabend verbringen, sie ziehen in die Pfalz, in die Nähe ihres ältesten Sohnes. Gerührt habe es sie, als ein langjähriger Gast, nachdem er von der Geschäftsaufgabe erfahren habe, beim nächsten Besuch mit seiner Posaune kam und vom Parkplatz aus das Feierabendlied erklang.