Beim Schwenninger Mittwochsmarkt mangelt es regelmäßig an Händlern – und an Besuchern. Hat er womöglich ausgedient? Foto: Kratt

Fehlquote von Händlern am Werktag steigt. Viele fühlen sich von Stadt gegängelt. Mit Kommentar

VS-Schwenningen - Frisches Obst und Gemüse von der Reichenau, Eier und Fleisch direkt vom Hof, Blumen frisch gepflückt auf der Wiese: Bio-Produkte auf dem Wochenmarkt haben Hochkonjunktur. Doch besonders beim Schwenninger Mittwochsmarkt mangelt es regelmäßig an Händlern – und an Besuchern. Hat er womöglich ausgedient?

Auch wenn die Temperaturen an diesem Mittwochmorgen ins Freie locken, geht es auf dem Muslenplatz vor den Marktständen beschaulich zu. Freuen sich die Besucher über kurze Wartezeiten, wünschen sich die Marktbeschicker mehr Kunden hinzu, um ihre Ware an den Mann zu bringen.

"Die Frequenz beim Mittwochsmarkt hat eben abgenommen", bringt es ein einheimischer Gemüsehändler am oberen Platz auf den Punkt. Woran das liegt? Zum einen an den Discountern, die immer mehr Bio-Produkte in ihrem Angebot hätten, sagt seine Kollegin. Er müsse flexibel sein, daher sei er mittwochs vor Feiertagen wie Christi Himmelfahrt immer auf dem Trossinger Markt, dort sei mehr los, gibt der Händler zu. Ein Phänomen, das auch von anderen Marktbeschickern zu hören ist – und gleichzeitig eine Herausforderung für den Marktmeister Jürgen Wagner darstellt. "Wenn jemand fehlt, muss die Lücke wieder geschlossen werden, damit das einheitliche Bild des Marktes bestehen bleibt", erklärt er. Oft geschehe dies relativ kurzfristig, wenn ein Beschicker erst am Morgen absagt.

Auf der einen Seite erntet Wagner von mehreren Händlern Verständnis – es sei wichtig, das Bild aufrechtzuerhalten, sagt zum Beispiel Christian Herr. Denn er weiß: "Der Markt steht und fällt mit den Kunden." Auf der anderen Seite habe der unfreiwillige Standort-Wechsel in der Vergangenheit für Unmut unter den Händlern gesorgt, wie von einigen laut wird. "Wir müssen uns nach der Ordnung richten, die das Bürgeramt festlegt und aufrücken", sagt jener einheimische Gemüsehändler. Das eine oder andere Mal sei es trotzdem zum Konflikt mit dem Marktmeister gekommen.

So auch beim Kartoffel-händler am unteren Ende des Markts: "Ich musste vor Weihnachten Hals über Kopf von der einen zur anderen Seite wechseln. Seither stehe ich dort", berichtet er entrüstet. Und das habe zunächst für gehörig Irritation bei den Stammkunden gesorgt.

"Es ist nie gut, wenn der Standort gewechselt werden muss."

"Es ist nie gut, wenn der Standort gewechselt werden muss", bestätigt Rosemarie Blum vom Reichenauer Obst- und Gemüsestand. Da sie erst ab Mai am Markt teilnehme, musste auch sie schlechte Erfahrungen mit der Stadt machen. "Zweimal Fehlen ist am Mittwoch nicht mehr drin", so die Beschickerin. "Eigentlich rentiert sich dieser Tag gar nicht mehr für uns." Aber sie habe Sorge, dass sie folglich am Samstag einen schlechteren Standort bekomme. Auch mit dem Aufstellen von Sonnenschirmen vor dem Stand habe es immer wieder Probleme gegeben. Die Stadt müsse regelmäßiger vorbeikommen, um sich selber ein Bild zu machen, wünscht sie sich.

Das fordert auch die Verkäuferin vom Blumenstand Raible. Viele Sachen würden nur am Schreibtisch beschlossen und seien praxisfremd. So bemängelt auch sie die Regelung beim Fehlen am Mittwoch. Zweimal habe sie wegen tiefer Minustemperaturen und Schneefall am Jahresanfang ausgesetzt. Denn nicht nur die widrigen Wetterbedingungen seien schädlich für ihre Blumen – der Aufwand lohne sich bei niedriger Besucherfrequenz einfach nicht. "Da bekommen wir direkt eine aufs Dach", zeigt sie sich erbost. "Und müssen beim nächsten Mal sehen, wo wir bleiben und uns beinahe am Samstag einen neuen Platz suchen." Sie wünsche sich, dass der Mittwochs-Termin für die Händler gelockerter wird. Denn auch sie habe bereits überlegt, andernfalls am Mittwoch komplett auszusetzen.

Und wie ist die Regelung des städtischen Bürgeramts tatsächlich? Wenn es Probleme gebe, versuche der Marktmeister stets, sie mit den Händlern direkt vor Ort zu lösen, teilt Madlen Falke, Pressesprecherin bei der Stadt, mit. Wer nicht teilnehmen kann, müsse ihm mündlich oder per E-Mail Bescheidgeben. Und wer regelmäßig fehlt, dem werde als Konsequenz der Platz entzogen. Den Kern des Marktes bildeten die Händler, die ihren Stand sowohl mittwochs als auch samstags haben. "Es ist wichtig, dass jeder einen Stammplatz hat", erklärt Falke. Nachsehen haben diejenigen Marktbeschicker, die nicht fest dabei sind: Sie würden drum herum platziert.

"Es ist der Stadt wichtig, dass der Markt erhalten bleibt", macht die Pressesprecherin deutlich. Und das mag auch im Interesse von Marktmeister Jürgen Wagner sein. Der deutet jedoch an: "Wenn der Muslenplatz wie geplant einmal saniert werden soll, dann muss es eine andere Lösung für den Wochenmarkt geben."

Kommentar: Adäquat

Von Mareike Kratt

Es ist bedenklich, dass in Zeiten des Bio- und Gesundheits-Booms die Zukunft des Schwenninger Mittwochsmarkts zusehends infrage gestellt wird. Zum einen lässt sich die Reaktion der Händler nachvollziehen: Sie fehlen, weil sie bei Schnee und Kälte zuwenig Umsatz machen und obendrein noch ihrer Ware schaden. Und das kann auch mehrmals hintereinander passieren. Zum anderen ist der Marktmeister zu verstehen: Er bemüht sich um ein lückenloses Marktbild und lässt den einen oder anderen Beschicker rotieren. Das sorgt für Frust – die Händler schauen sich nach Alternativen um. Schwenningen braucht aber seinen Mittwochsmarkt, um der Fußgängerzone auch werktags Leben einzuhauchen. Daher müssen beide Seiten flexibel und kompromissbereit agieren. Denn klar ist: Wo kein adäquates Angebot herrscht, kommen auch keine Kunden hin.