Die zweiteilige Skulptur von Mareike Drobny stand in Tannheim an prominentem Ort. Fotos: Lutz Hugel Foto: Schwarzwälder-Bote

Jubiläum: Jetzt endet das Skulpturenprojekt im öffentlichen Raum / Renn blickt zufrieden zurück

Die Kunstwerke, die zur 1200- Jahr-Feier von Schwenningen, Tannheim und Villingen installiert wurde, hatten teilweise für kontroverse Diskussionen gesorgt. Jetzt werden die Werke wieder abgebaut, teilt Wendelin Renn, Leiter der Städtischen Galerie mit.

Villingen-Schwenningen. "Kunstwerke im öffentlichen Raum erregen oft die Gemüter und vielfältige Reaktionen und kontroverse Diskussionen über das, was Kunst sein kann, werden zum Stadtgespräch", meint Renn. Das sei vor 513 Jahren nicht anders gewesen, als Michelangelo Buonarroti seine Monumentalskulptur David auf der Piazza della Signoria in Florenz am 5. Juni 1504 aufstellte – das Volk bewarf das Kunstwerk während des fünftägigen Transports zum Aufstellungsort sogar mit Steinen. Weiteres Beispiel: das Skulpturenprojekt der Städtischen Galerie im Villinger Stadtraum, Künstler der Akademie München "feiern – fest", das 1999 zur Villinger Mark-, Münz- und Zollrechte-Verleihung vor 1000 Jahren bei vielen aufgrund erregter Diskussionen im Gemeinderat, vor allem über den Wolkenkratzer "Raumgutspeicher" in der Färbergasse, noch im Gedächtnis ist. Stadtrat Ernst Reiser hatte sich darüber echauffierte, "was die Stadt da wieder am Gemeinderat vorbei plane", und unter allseitigem Lachen wurde er darüber informiert, dass der "Raumgutspeicher" eine virtuelle Projektion als Kunstwerk ist.

Passanten begeistert

Auch die drei Kunstprojekte, welche die Städtische Galerie jetzt zur 1200-Jahr-Feier realisierte, seien in den Medien und von vielen Bürgern unterschiedlich reflektiert worden, blickt Renn zurück. Die drei Reliefs des Künstlers Philipp Goldbach, die er aus den lateinischen Formeln der Ortsnamen von Schwenningen, Tannheim und Villingen, die in der Urkunde mit "ad suuanningas mansum", "ad tanheim mansum", "ad filingas mansis" benannt sind, in großformatige "Wort-Bilder" an den jeweiligen Rathäusern umsetzte, seien gleich zu Beginn sehr positiv aufgenommen worden. "Viele Passanten waren begeistert und einige meinten, ›als wären die Wort-Bilder schon immer da platziert‹. Als dauerhafte Erinnerung an die 1200-Jahr-Feier der urkundlichen Ersterwähnung der drei Orte erwarb Oberbürgermeister Rupert Kubon die Kunstwerke spontan.

Im relativ geschützten Galeriegarten in Schwenningen habe sich die Installation "Im Norden die Zweifel, im Westen ein Moorsee" von Daniel Roth vor allem bei den Galeriebesuchern lyrisch-märchenhafte Interpretationen entwickelt.

Ganz anders sei über das partizipatorische Projekt der Berliner Künstlerin Mareike Drobny öffentlich diskutiert worden, meint Renn weiter. Drobny beschäftigte sich mit Fragen der historischen Entwicklung und der heutigen Gemeinsamkeiten von Schwenningen, Tannheim und Villingen. Grundlage ihres Kunstprojektes waren dabei die realen Bewegungen, welche Bürger mit Hilfe von GPS-Geräten von ihrer Mobilität zwischen den drei Orten von sich aufgezeichnet hatten. Die Summe ihrer Bewegungen zwischen Schwenningen, Tannheim und Villingen wurde von der Künstlerin dann auf eine Computer-Grafik übertragen und war in unterschiedlicher Form in den drei Stadtbezirken zu sehen: In Schwenningen machten wechselnde großformatige Plakate auf gemieteten Werbeflächen die Ausdehnung der Verbindungsgraphik im Gesamtzusammenhang der drei Stadtbezirke deutlich. In Tannheim wurde ein graphischer Schnittpunkt, der sich aus dem Bewegungsbild der Bürgerbeteiligung ergab, als zweiteiliges skulpturales Objekt in Steinguss realisiert. Auf dem Villinger Marktplatz hatte die Künstlerin die Bewegungslinien der am Kunstprojekt beteiligten Bürger in einer Bodengrafik nachgezeichnet. Vor allem diese Bodenzeichnung, die aus gelbem Markierungslinien, wie sie im Straßenbau Verwendung finden, die kartografischen Lineamente der Straßenzüge von Schwenningen, Tannheim und Villingen abbildete, wurde schon zu Beginn überregional von den Medien aufgegriffen.

"Derweil viele sich über die Kosten für das Kunstwerk aufregten und immer wieder falsche Zahlen öffentlich kolportiert wurden – die gelben Markierungslinien kosteten tatsächlich weniger als 3000 Euro – fanden vor allem Familien mit Kindern Gefallen an den leuchtenden Linien, spielten damit oder folgten auf einem Bein hüpfend den Verbindungsgängen zwischen den drei Ortsteilen, zeigt Wendelin Renn auf.

Kunst provoziert

Nach über sechs Monaten Präsenz endet das Skulpturenprojekt. Die Werke von Mareike Drobny und Daniel Roth werden in den nächsten Tagen abgebaut. Für den Galerieleiter war dieses Kunstprojekt im öffentlichen Raum, das von der Kunsthistorikerin Cora von Pape aus Baden-Baden kuratiert wurde, ein schönes Bespiel, wie Kunst die Menschen bewegt. "Kunst im öffentlichen Stadtraum muss das aushalten", ist Wendelin Renn überzeugt. "Denn aktuelle Kunst provoziert zu allen Zeiten, bei Michelangelo, bei Olaf Metzel und auch bei Mareike Drobny. Denn Kunst regt zum Denken an. Doch sollte es nicht allein beim Schwätzen bleiben, denn Kunst spricht eine eigene Sprache, die vielschichtige Deutungen zulässt, Antworten gibt und oft neue Fragen stellt."