Ein mehr als deutliches Zeichen gegen Rassismus und für einen offene Gesellschaft: Gegenkundgebung auf dem Marktplatz. Foto: Eich

Menschen in Villingen-Schwenningen setzen bei erster islamkritischer Demonstration deutliches Zeichen gegen Rassismus.

Villingen-Schwenningen - Es wurde ein parteien- und religionenübergreifendes deutliches Zeichen gegen Rassismus in der Stadt: Während sich fast 800 Menschen auf dem Marktplatz versammelten, standen die Anhänger des Pegida-Ablegers Sbh-Gida im Dunkeln: Am Münster gingen die Lichter aus.

Gegen 17.15 Uhr fuhren die ersten Polizeifahrzeuge auf den Münsterplatz, ein ordentliches Aufgebot an Bereitschaftspolizisten aus Baden-Württemberg wurde gestern nach VS beordert. Immerhin war es die erste Kundgebung der bundesweiten Pegida- Gruppierung in Baden-Württemberg, im Falle VS der Sbh-Gida. Eine Passantin fragte verängstigt, "was denn da um Gottes Willen passiert sei". Sie dachte spontan an die Bilder der vergangenen Tage. "Sie wissen ja, die Attentate".

Vor rund 250 Zuhörern geißelten zunächst Mitglieder der offenen Antifa VS die "Stimmungsmache" der Sbh-Gida-Anhänger: "Sag Nein. Kein Platz für rechte Hetze" stand auf den Plakaten. Unter dem großen Applaus auch von Mitgliedern türkischer und europäischer Verbände, dann der Aufruf, "sich gegen Rassismus und eine Spaltung der Gesellschaft stark zu machen". Nur wenige Meter weiter hatte sich bereits 30 Minuten vor der Großkundgebung um 18.30 Uhr auf dem Marktplatz eine große Menschenmenge versammelt.

Initiiert von Nicola Schurr und Pascal Pestre, hatte sich als Gegenpol zur parallel laufenden Sbh-Gida-Demonstration ein breites Bündnis von Gewerkschaften und Verbänden sowie Vertretern aller Religionen und Parteien eingefunden. Manche brachten Kerzen mit, andere hielten Plakate mit der Aufschrift "Je suis Charlie", "No Pegida in VS" und "Refugees welcome" oder schwenkten aus Solidarität mit den französischen Nachbarn die Tricolore. Auch Oberbürgermeister Rupert Kubon forderte das Engagement ein für Demokratie und Menschlichkeit und gegen Fremdenfeindlichkeit. "Wir wollen in VS in einer weltoffenen und bunten Stadt leben", rief er unter dem Applaus einer beachtlichen Zuschauermenge. Die Szenerie beobachteten am Rande drei Schwarzafrikaner, Flüchtlinge aus Nigeria. "Warum sind hier so viele Menschen?", wollten sie wissen. Die Antwort kam von einem der Redner: "Pegida ist nicht das Volk. Wir stehen für Toleranz und Respekt, unabhängig von Glauben und Herkunft."

Während sich die Kundgebung am Marktplatz auflöste, flogen vor dem Rathaus immer wieder Wasserbeutel in Richtung Sbh-Gida-Anhänger. Einzelne Personen lieferten sich heftige Wortgefechte, wurden von speziellen Anti-Konflikt-Teams der Polizei zur Besonnenheit ermahnt. Gegen 19.30 Uhr forderte die Polizei die Antifa auf, nicht weiter an die Polizeikräfte heranzurücken – gleichzeitig wurde die Anzahl der mittlerweile behelmten Beamten verdoppelt. Die Stimmung schien zu kippen, zumal Demo und Gegen-Demo sich gefährlich nahe kamen. Doch eingreifen musste die Polizei nicht. Nach weiteren Sprechchöre beider Seiten (Sbh-Gida: "Wir sind das Volk" gegen Antifa: "Pegida vertreiben, Flüchtlinge bleiben") löste sich zuerst die Pegida-Versammlung auf, kurze Zeit später rückten die Beamten unter dem Beifall der Antifa ab, wenig später kehrte auf dem Münsterplatz wieder die gewohnte Ruhe ein. So konnte die Polizei fast zwei Stunden nach Kundgebung und Gegen-Demo erste Entwarnung geben: keine Verletzten, keine Gewahrsamnahmen.