Handwerk: Villingerin fertigt und repariert "Goaßeln"

VS-Villingen. So langsam kribbelt es schon bei den Narren in der Stadt, und man geht auf den Dachboden und kontrolliert sein Narrohäs.

Der Kragen muss zur Kragenmacherin und der Butzeseltrieber kontrolliert seine "Goaßel". Wenn diese kaputt ist, heißt es, Maike Bicker in der Rietgasse aufzusuchen. Seit sechs Jahren fertigt und repariert sie in Villingen die Goaßeln. Mittlerweile wird sie liebevoll schon "Goaßelmutter" genannt. Vor allem auch die Eltern der Kinder aus der Kinderbutzeselgruppe kommen bei ihr vorbei.

Maike Bicker hat das Fasnetvirus von ihrem Vater Siegfried Bicker von klein auf eingezogen. Sigi Bicker, zu früh verstorbener Ratsherr, war jahrelang Butzeselvater und hat so manches neu organisiert. Auch ihr Bruder Mark war als Butzesel unterwegs. Maike nimmt als Morbili am Umzug teil.

Ungefähr 40 Geißeln vertrieb schon der ehemalige Butzeselvater jährlich an die Stachis, damit diese dann nach Herzenslust pfitzen und knallen konnten.

Als Trieber hinter dem Butzesel durch die Stadt zu rennen, ist der Wunsch vieler Kinder. Anders ist die Nachfrage bei der kleinen Butzeselgruppe nicht nachzuvollziehen.

Butzeselvater Marcel Nolle ist glücklich darüber, dass Maike Bicker in die Fußstapfen ihres Vaters getreten ist. Die 43-Jährige hat ihre Kenntnisse von ihrem Vater übernommen. Er hat die Weidenstöcke aus Burladingen (Zollernalbkreis) am Fuße der Schwäbischen Alb geholt.

Ursprünglich wurde das peitschenähnliche Gerät als Kuhgeißel auf der Weide verwendet. Der Stock besteht aus vier Einzelstäben. Die werden geschnitten, gewässert und schließlich kunstvoll zusammen gedreht. Danach kommt der "Kopf" drauf, durch den der Riemen geschlungen wird. In diesem Zustand kommen die Geißeln an und dann geht es ans Eingemachte. Man befestigt den Riemen mit viel Geschick. Routiniert muss man die beiden Riemenenden miteinander verknüpfen und die Lederschnur in den Schraubstock einspannen. Siegfried Bickers Großvater war Sattler und von dem hatte er natürlich einige Kniffe gelernt.

Schließlich kommt die Zwickschnur zum Einsatz. Sie sorgt dafür, dass die "Goaßel" beim Pfitzen laut knallt. Mit einem so genannten Mastwurf, einem speziellen Knoten, wird die Schnur mit dem Lederriemen verknüpft und dann eingeflochten. Dann werden die beiden Zwickschnüre gedreht und verknotet bis der Vorzwick fertig ist.

Der eigentliche Zwick wird auch mit einem Mastknoten verbunden und in Fünf-Zentimeter-Abständen werden abschließend Knoten gesetzt, damit die Schnur nicht zu schnell ausfranst.

Die Goaßeln können lange leben, man muss sie aber regelmäßig einfetten, zum Beispiel mit Margarinepapier. Außerdem solle man seine Geißel nie in eine Ecke stellen, sondern sie an einem Haken aufhängen, damit sie biegsam und geschmeidig bleibt.

Die kleinen Butzeseltrieber sind eingeladen zum Einpfitzen am Samstag, 4. Februar, im Spitalgarten. Dann werden sie Ratschläge bekommen, wie man pfitzt.

Schön ist es, wenn die Kleinen jetzt schon fleißig üben. Ratsam ist es, eine Mütze und Handschuhe zu tragen, weil man oft Blasen an den Händen bekommt. Und auch die Ohren sollten geschützt sein, falls ein Schlag daneben geht.

Der Knall entsteht durch einen Überschall, der in der Rückwärtsbewegung entsteht. Beim richtigen und vor allem kräftigen Schwingen bildet der Zwick in der Rückbewegung eine Schlaufe, die die Schallgeschwindigkeit überschreitet. Manchmal wird auf die Straße gepfitzt, der Aufschlag verursacht den Knall.

In den nächsten Wochen hat Maike Bicker noch so manche Arbeit. In ihrer Werkstatt im Hinterhaus wird man sie öfters antreffen, denn so mancher Trieber merkt erst sehr kurzfristig, dass seine Goaßel reparaturbedürftig ist oder dass er eine neue benötigt: Die hat er vielleicht im Stüble vor lauter Schabernack liegen gelassen. Dann ist guter Rat teuer und so hilft nur noch Maike Bicker.