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Porträt / Amarin und Marvin Lawton spielten Paris und Romeo

"Wir haben nicht erwartet, dass es so toll wird" – Marvin (rechts) und Amarin Lawton schwelgen noch immer in den Emotionen, die das Bürgertheater "Romeo und Julia in VS" in ihnen auslöste.

VS-Schwenningen. Die Brüder standen dabei nicht zum ersten Mal auf der Bühne, gleichwohl war es für sie ein außergewöhnliches Erlebnis. Zumal beide in einer Hauptrolle spielten: Der 17-Jährige Marvin war der "Romeo", sein 15-jähriger Bruder dessen Rivale "Paris".

Marvin und Amarin sind in Schwenningen als Söhne einer deutschen Mutter und eines englischen Vaters geboren und aufgewachsen. Seit sie denken können, ist die Rudolf-Steiner-Schule ihr zweites Zuhause – Mutter Ines und Vater Michael sind hier Lehrer. In der Waldorfpädagogik sind die musischen Fächer stark verankert, und so haben Marvin und Amarin schon bald ihre Liebe zum Theater und zur Musik entdeckt. In den Theaterstücken, die in jeder achten und zwölften Klasse inszeniert werden, haben sie Erfahrungen gesammelt, zuletzt in Preusslers "Krabat" und in Vernes "In 80 Tagen um die Welt" –, außerdem sind beide Gesangstalente und Amarin ist ein begnadeter Pianist.

Sein improvisiertes Spiel war bei "Romeo und Julia" im Spitalgarten zu hören. "Da war ein Keyboard in einer Flügelattrappe versteckt", verrät er und lacht – "ein Klavier hätte dieses Wetter nicht ausgehalten". Gerne erinnern sich die beiden an die vier Aufführungen, die selbst am verregneten Samstag vor vollbesetzen Rängen stattfand. "Für uns alle war klar, dass wir spielen, schon wegen der vielen Menschen, die eine Eintrittskarte erworben hatten", sagt Marvin. Als dann klar wurde, dass auch alle da waren, "hat uns das einen richtigen Schub gegeben.

Das war der spaßigste Abend", erinnert sich Amarin. Obwohl er sich bei zünftiger Kälte in einer Szene bis auf die Jeans entblößte und sein Bruder pitschnass im Brunnen saß – krank geworden sind sie beide nicht. "Ich denke, wir hatten genug schützendes Adrenalin im Blut", sagt Marvin.

Schlecht ging es ihnen dann aber schon – am Sonntag, nach der letzten Vorstellung. Die rund 100 Akteure haben sich voneinander und dem Dreierteam um Regisseur Daniel Wahl verabschiedet – "und das war es dann, wir sind richtig in ein Loch gefallen". Statt der seit Januar unzähligen Proben, auch in allen Schulferien und an vielen Wochenenden, kehrte wieder normaler Alltag ein. Geblieben sind Kontakte über die sozialen Medien und der nächste Termin: Alle treffen sich noch einmal, um gemeinsam die Filmaufnahmen anzuschauen.

Marvin und Amarin erinnern sich noch gut daran, wie alles begann. Nachdem der Aufruf zur Teilnahme am Bürgertheater auch in ihrer Schule angekommen war, "wurden wir direkt gefragt, ob wir da nicht mitmachen wollen". Sie gingen zum Casting und waren überrascht, als der Regisseur sagte: "Ich nehme euch alle". Die Arbeit begann.

Erst zu Ostern kristallisierte sich eine Rollenverteilung heraus, vorher habe "jeder alles mal probiert". Was die Brüder Lawton besonders spannend fanden war die Tatsache, dass viele Ideen der Mitwirkenden in die Inszenierung einflossen. An seine fünf Julias habe er sich zwar auch erst gewöhnen müssen, sagt der "Romeo", fand die eigenwillige Interpretation des Shakespeare-Klassikers dann aber doch "genial".

Viel Lob haben die beiden für Daniel Wahl, "der aus allen das Optimum herausholte". Während der Proben habe man viel über Villingen und Schwenningen geredet. Deutlich wurde dabei, dass die junge Generation mit der Doppelstadt keinerlei Probleme hat. "Für uns ist das gar kein Thema", sagt Amarin Lawton. Allenfalls die Frage, wie man ohne Führerschein vom einen in den anderen Stadtkern komme. "Ich bin gerne in Villingen, aber mit dem Bus dorthin bin ich ewig unterwegs", bedauert der 15-Jährige.

"Romeo und Julia in VS" ist vorbei, doch langweilig wird es den Brüdern nicht. Am Wochenende wird an ihrer Schule in Schwenningen das Kürbisfest gefeiert. Zusammen mit einem Mitschüler sind die beiden für die Saaltechnik zuständig, müssen zum Beispiel die Modenschau, die Amarins Klasse vorbereitet hat, ins rechte Licht setzen und für den guten Ton sorgen. Auch sind beide an einer Video-AG beteiligt und Amarin widmet sich zudem der künstlerischen Fotografie.

Berufliche Ideen haben die beiden schon: Marvin kann sich vorstellen, Mathematiklehrer zu werden, Amarin würde gerne mit der Musik sein Geld verdienen. Eines ist für beide auch klar: beim nächsten Bürgertheater sind sie wieder mit dabei.