Ein hochkarätiges Podium, moderiert von Raimund Fleischer (rechts), diskutierte im Franzsikaner-Foyer in Villingen mit rund 40 kulturinteressierten Bürgern über die Kultur in der Stadt. Foto: Heinig Foto: Schwarzwälder-Bote

Debatte: Einzelne Vereine bewerten Gutachten positiv / Dagegen prangern viele Zuhörer Umorientierung an

"Wie viel Kultur braucht unsere Stadt?" Die Antwort auf diese Frage fiel am Dienstagabend im Franziskaner-Café in Villingen einmütig aus: "Eher mehr als weniger".

Villingen-Schwenningen. Diskutiert wurde auf Einladung des Freundeskreises Kultur trotzdem heiß. Grundlage der von Moderator Raimund Fleischer geleiteten Debatte war das Gutachten der Kommunalen Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement (KGSt), dessen Inhalte schon bei der Vorlage im Januar in Kulturkreisen Tumulte ausgelöst hatte, von den Diskutanten aber durchaus unterschiedlich interpretiert wurden.

So hatte Richard Hehn, engagiert in den Vorständen von Folkclub und Guckloch-Kino, nichts Negatives am Gutachten auszusetzen. Im Gegenteil: Es gelte, Tabus zu brechen, um aus den zur Verfügung stehenden Mitteln das Beste herauszuholen. Damit sah er sich aber alleine auf weiter Flur.

Angeprangert wurde von der Mehrheit des Podiums und der Zuhörer die im Gutachten vorgeschlagene Umorientierung des Kulturamtes, weg von eigenen Kulturaktivitäten und hin zur Koordinierung eines in bürgerschaftlichem Engagement entwickelten Kulturangebotes. Man befürchtet dadurch eine kulturelle Ausdünnung und damit die Schwächung eines wichtigen Standortfaktors. Außerdem, so der allgemeine Tenor, leiste "das Amt für Kultur hervorragende Arbeit".

Was Norbert Runkel, Chefarzt am Schwarzwald-Baar-Klinikum, bestätigte. Neben den Schulen und den Sportangeboten für seine Kinder habe die Kultur vor Ort vor 18 Jahren für ihn und seine Frau den Ausschlag gegeben, von Berlin nach VS zu ziehen.

Auch Holger Westendorf, Lehrbeauftragter an der Hochschule Furtwangen, hat sich bewusst für den Süden entschieden, "die Kultur in Villingen-Schwenningen hat uns überzeugt". Der Neubürger warb dafür, gemeinsam um deren Erhalt zu kämpfen. Wolfgang Niess, Leitender Redakteur des SWR Stuttgart, wunderte sich, dass man "ohne Not" das Kulturangebot zu beschneiden suche. Dabei drohe die Gefahr, dass hochqualifizierte Fachkräfte nicht mehr kommen und Unternehmensstandorte gefährdet seien. Friedrich Schirmer, Intendant der Württembergischen Landesbühne Esslingen, nannte das Gutachten gar "perfide", da es die unterschiedlichen Kulturen gegeneinander aufhetze.

"Wir sind nicht mehr Provinz", gab Werner Till, Vorsitzender des Vereins der Freunde und Förderer der Musikhochschule Trossingen, zu bedenken. Man stehe im europaweiten Wettbewerb und brauche ein abgestimmtes Kulturangebot, besser noch ein kulturelles Alleinstellungsmerkmal. Niess erinnerte an den Bildungsauftrag der Kultur und an die Notwendigkeit, sie auch Kindern und Jugendlichen zugänglich zu machen. Das werde in VS auf vorbildliche Weise getan, da war man sich einig, aber auch darin, dass Kürzungen ein "empfindliches Netzwerk" stören (Josef Wenning).

Am Ende wurde deutlich, dass sich die Kulturvereine nicht ausreichend wertgeschätzt fühlen und daher die im Gutachten empfohlene Übernahme größerer Kulturverantwortung durchaus positiv sehen. Aber: "Wir dürfen uns nicht auseinanderdividieren lassen".