Stein des Anstoßes: Die Färberstraße Foto: Eich

Ott-Wirt wird’s zu bunt: Attacke mit Schlagstock in der Färberstraße.

Villingen-Schwenningen - Anwohner klagen und Gastronome sind erzürnt: "Lärm und Ärger in der Straße und immer die gleichen Lokale, gleichen Gruppen." Auch für Ott-Chef Domenico Wittkopf ist das Maß gestrichen voll. Er fordert Konsequenzen. Doch die Stadt möchte von Brennpunkt-Kneipen nicht sprechen.

Wittkopf ist es noch lange nicht müde, immer wieder über die gleichen Beobachtungen zu reden, die er fast jedes Wochenende in der Villinger Kneipenmeile macht. "Es sind jedes Mal die gleichen Leute, die Stress machen und jedes Mal die gleichen Kneipen, wo es Theater gibt." Eine Beobachtung, die nicht nur Anwohner teilen, die mit dem Schwarzwälder Boten über ihre Erfahrungen gesprochen, sondern auch Kneipen-Mitarbeiter: Geschrei, Pöbeleien, getrocknetes Blut an manchen Ecken der Färberstraße, "das kommt immer wieder vor", erzählt ein junger Mann.

Vor kurzem ging es besonders heftig zur Sache", gibt er Wittkopf recht. Um so ärgerlicher ist es für den Ott-Chef, "dass man den Gästen zumutet, bis ans Ende der Straße zu laufen, um ein Taxi zu bestellen."

Frust ist groß

Nicht nur für den langjährigen Gastronom war unlängst die Schmerzgrenze erreicht: Eine Meute von 20 Leuten sei aus einem der einschlägigen Lokale gestürmt. Eine Schaufensterscheibe sei zu Bruch gegangen. Passanten haben Schläge abbekommen oder seien angepöbelt worden. "Solche Leute machen unsere schöne Färberstraße kaputt", ärgert er sich über dieses Klientel. Sein Frust über das "Nicht-Reagieren der Stadt" ist groß: "Da macht man sich eher Gedanken um die Außenbewirtung (wir berichteten), statt sich um das Kern-Problem zu kümmern."

Für Madlen Falke, von der Pressestelle der Stad und damit Konzessionsbehörde, , ist das Thema schnell kommentiert. Nach wie vor gebe es keine Brennpunktpunktlokale in der Färberstraße. Der Stadt sei auch nicht bekannt, dass es verstärkt zu Problemen komme. Bekannt sei nur, schloss Falke, dass immer wieder etwas in der Straße los sei. Um Schließungen in die Wege zu leiten, brauche es aber hieb-und stichfeste Beweise und eine klare Faktenlage.

Kein "normaler" Fall

Thomas Barth, Revierleiter der Polizei in Villingen, nennt den jüngsten Einsatz seiner Kollegen ebenfalls herausragend. Weniger die zerborstene Fensterscheibe eines Ladenlokals als vielmehr die Aussage, dass ein Schlagstock und damit eine "Hiebwaffe" an jenem Abend zum Einsatz gekommen sein soll. Angeblich soll ein Mann aus einer Gruppe heraus im unteren Teil der Färberstraße angegriffen und mit einem Schlagstock verletzt worden sein, wohl ein "Zufallsopfer". Die vermutlich drei Täter seien weg gerannt und damit sei nur Anzeige gegen unbekannt gestellt worden. "Aufgrund des verwendeten Schlagstocks kann man nicht mehr von einem normalen Vorkommnis sprechen", bewertet Barth das Szenario dieses Maiabends.

Forderung nach Kontrollen

Generell gebe es immer wieder Körperverletzungen, Streitereien, Ruhestörung oder Pöbeleien und Sachbeschädigung. Allein im Mai hatte die Polizei 29 Einsätze. "Und das ist signifikant." Eines ist auch für Barth klar: "Zu manchen Lokalen müssen wir nie, bei anderen gibt es dafür um so mehr Theater." Und dort, wo es eben "immer wieder Theater gibt", regt Wittkopf an, sollte man öfters Personenkontrollen vornehmen und in die Lokale gehen.

Welche Rolle spielen die Meilen-Besucher? Passanten oder Kneipengänger, rät Barth, die unschöne Szenen beobachten, sollten ganz genau hinschauen: Wo spiele sich das Ganze ab, aus welcher Kneipe kommen die Leute. Sonst sei der Nachweis schwierig, dass Krawall-Gäste aus einem bestimmten Lokal kommen oder die gleichen Leute Stress machen. Die Höhe der Vorkommnisse und Anzeigen an einem bestimmten Platz spielen beim möglichen Widerruf der Konzessionserlaubnis eine wichtige Rolle. Aufenthaltsverbote für einzelne Personen sieht der Polizist eher skeptisch. "Dann kommt der nächste wieder nach." Thomas Barth ist gespannt auf die Färberstraßen-Bilanz 2017. Schon jetzt zeichne sich eine steigende Delikt-Tendenz ab. Verzeichnete die Polizei 2016 320 Vorkommnisse, haben die Beamten bis Ende Mai bereits knapp 200 Delikte festgehalten.

Ruhe über der Neckarstadt

Im Stadtbezirk Schwenningen dagegen gebe es keine Erkenntnisse über "herausragende Lokalitäten", hieß es aus dem Polizeipräsidium Tuttlingen. Im Bezug auf Brennpunktlokale sei allenfalls die Expressguthalle zu nennen, sofern Veranstaltungen stattfinden. Einst sei der Kingz Club eine solche Adresse gewesen. "Dies war immer ein Brennpunkt", so Pressesprecher Dieter Popp. Derzeit noch nicht, fügt er hinzu. Der Club sei erst seit einem Monat wieder in Betrieb.

Kommentar

Wär' ja schade

von Eva-Maria Huber

Ob ich mich sicher fühle oder nicht, ist nicht nur eine subjektive Sache. Wenn Anwohner um ihre Sicherheit bangen, Wirte sich um das Wohl und den Ruf ihrer Adresse sorgen, dann gehen solche Gefühle weit über die emotionale Ebene hinaus. Wenn dazu die Polizei bestätigt, dass sie an manchen Adressen in der Färberstraße regelmäßig auftauchen muss, spricht dies auch für sich.

Die Stadt will das Etikett Brennpunkt-Lokale zwar weiterhin nicht für einige "Lokationen" vergeben. Stattdessen richtet sie den Fokus lieber auf die Außengestaltung. Wäre es nicht besser, künftig den Blick stärker in Richtung Außenwirkung zu schärfen? Es wäre doch jammerschade, wenn die so gelungen aufgehübschte Villinger Flaniermeile allmählich zu einer einschlägigen Adresse werden würde und einstige Gäste abwinken: "Färberstraße? Da kannst Du nicht mehr hingehen."