Jan Kizilhan vor den Flüchtlingscamps im Irak. Dort wählte er für die baden-württembergische Landesregierung Frauen und Mädchen aus, die Opfer des IS waren und in Baden-Württemberg aufgenommen wurden Foto: privat Foto: Schwarzwälder-Bote

Talkshow: Traumatologe äußert sich zu IS-Terror in Manchester

"Leider werden solche Attentate wie in Manchester wieder passieren", sagte Jan Kizilhan in der ZDF-Talkshow von Markus Lanz am Mittwochabend.

Schwarzwald-Baar-Kreis. Kizilhan ist Psychologe, Traumatologe und Orientologe, hat für die baden-württembergische Landesregierung 1000 Frauen Mädchen und ihr Kinder ausgesucht, die das Land dann aufnahm. Er leitet an der Dualen Hochschule in Schwenningen den Studiengang Soziale Arbeit und hat jetzt ein Buch zur Logik der IS-Massenmörder veröffentlicht. Dass Kizilhan neben den Opfern auch die Henker des IS interviewte, war Anlass für sein neues Buch. In der Sendung packte er solche Greueltaten aus, das selbst Moderator Lanz schockiert war und, als Kizilhan beschrieb, wie die Messer gewetzt werden, bevor das Beil die Opfer köpft, sagte: "Das kann man ja kaum hören". Solche Attentate wie in Manchester werden, sagt Kizilhan, weiter passieren, wenn der sogenannte Islamische Staat unter Druck gerate. "Auch die einsamen Wölfe werden zunehmen".

Der Islam, so eine zentrale Aussage des in der Türkei geborenen Autors, müsse sich die Frage stellen: "Woher kommt diese Gewalt". Er fragte, wie es möglich sei, dass eine Organisation mit ungefähr zehn Millionen Mitgliedern eine stillschweigende Mehrheit von 400 Millionen Menschen beherrsche. 7000 Opfer des IS seien ermordet worden. "Warum gehen Millionen Menschen nicht auf die Straße und sagen: Das hat nichts mit dem Islam zu tun?", fragte Kizilhan in der Sendung: "Uns wieso schweigen sie zu dem Terror-Attentat von Manchester?"

Seit 1400 Jahren herrsche ein subtiler Krieg zwischen Sunniten und Schiiten. Eigentlich gehe es dabei um die Rolle der Muslime in der Welt. Daraus seien Organisationen vie IS, Als Nusra und Al Kaida entstanden. "Und wir sind die Leidtragenden". Auch die Zerstörung von uraltem Kulturerbe beleuchtete der Psychologe in der Sendung: "Ich habe noch nie Menschen gesehen, die mit solchem Haß auf Steine einschlagen. Sie wollen unsere zivilisierte, kultivierte Geesllschaft zerstören." Keine Kultue der Welt, so formulierte Kizilhan als Konsequenz, "darf Gewalt legitimieren." Und er fragte: "Wie kommt es, dass in Saudi-Arabien Hände abgeschnitten und Menschen hingerichtet werden. Wie kommt es, dass in Syrien Homosexuelle hingerichtet werden? Man muss sich doch fragen: Wie überzeugt sind wir von unserer Demokratie?" Obwohl nicht alle Flüchtlinge über einen Kamm geschert werden dürften, gebe es eine kleine Gruppe, die mit anderen Absichten komme, antwortete der Wissenschaftler dem Moderator zur Frage, wie das Verhältnis des Islam zur Sexualität verändert werden könne.

Warum die Attentäter so viele Menschen wie Manchester in den Tod mitnehmen und noch dazu Kinder, wollte eine weitere Teilnehmerin bei Markus Lanz wissen. "Es ist deren Ideologie, Angst und Schrecken zu verbreiten. Unsere Angst ist ihr Krieg", antwortete Kizilhan und fragte: "Wie geht es Ihnen, wenn sie am Flughafen einen unbeaufsichtigten Koffer sehen?" Dabei seien die Henker des IS keineswegs Psychopathen, sondern zeigten, wozu Menschen in der Lage seien.