Das Motto war Programm: Bei gemeinsamem Singen empfanden die Besucher des Seniorentags Lebensfreude durch Musik: Das Veeh-Harfen-Ensemble berührte mit innigem Spiel und machte Mut zum Instrumentalunterricht. Foto: Seniorenrat Foto: Schwarzwälder-Bote

Unterricht: Musikakademie Villingen-Schwenningen berichtet von erfreulicher Resonanz auf Angebote für Senioren

"Melden Sie sich an einer Musikschule an!" Die wiederholte Aufforderung von Britta Hahn, Ärztin und Referentin beim zurückliegenden Seniorentag im Landratsamt, verhallte nicht ungehört.

Schwarzwald-Baar-Kreis. Gehard Schempp, Leiter des neuen Kompetenzzentrums für Musik im dritten Lebensabschnitt unter dem Dach der Musikakademie Villingen-Schwenningen, berichtet von erfreulicher Resonanz auf die Unterrichtsangebote für ältere Musikfreunde. "Wir haben viele Anfragen und etliche Anmeldungen, die mit dem Seniorentag zusammenhängen." Es waren vor allem die anschaulichen, zu eigener Aktivität einladenden Angebote, die Mut zur Überwindung von Hemmschwellen machten. Dass die zumeist vorhanden sind, bestätigte Britta Hahn aus eigener Erfahrung. Im Alter von 57 Jahren beschloss die Fachärztin für Allgemeinmedizin und Psychotherapeutin, das Spielen der Gitarre zu erlernen.

Der Unterricht habe Spaß gemacht, doch bei jeder Aufforderung zum Vorspiel habe sie Schweißausbrüche bekommen, die Hände zitterten. "Es ging nicht, ich hatte Angst." Deren kleine Schwester sei die Scham, beide inneren Zustände seien im Stammhirn gespeichert und könnten nicht willentlich gesteuert werden. Die irrationale Angst und Scham hätten sich meist in der Kindheit ins Unterbewusstsein eingegraben.

Die Generation heutiger Senioren sei im Kontext von Kriegen und Not mit Angst groß geworden. Angst sei früher auch ein pädagogisches Kalkül in Schulen und Elternhäusern gewesen, wo Kinder für Versagen mit Schlägen bestraft wurden. Das nickende Schmunzeln in den voll besetzten Reihen des großen Sitzungssaals bestätigte die Vermutung der Referentin, dass ihre persönliche Erfahrung vielfach geteilt wurde. "Entwickeln Sie Verständnis für die eigenen Macken und lernen Sie, das kleine ängstliche Kind in sich zu lieben und zu umarmen." Es gebe keinen Grund, der gegen das späte Erlernen eines Instruments spreche, nur Gründe dafür. "Das Tolle ist, es funktioniert, auch wenn alles etwas länger dauert als bei jungen Schülern." Das erlebten die Besucher bei den filigranen Intermezzi, mit denen die Veeh-Harfe-Gruppe um Gerhard Schempp den Vortrag auflockerte.

Die Mitwirkenden sind Senioren, die 70-jährig und älter erstmals ein Instrument erlernten. Ihre langsame, zarte Interpretation alter Volkslieder intensivierte die poetische Tiefe von Melodie und Text. In zweiten Durchgängen sangen die Veeh-Harfe-Spieler zur eigenen Begleitung, andächtig stimmte das Publikum ein. Es sag auch den Refrain von selbst gedichteten Liedern mit, mit denen Mona Storz die Herzen berührte. Eine etwaige Scheu vor falschen Tönen hatten die experimentierfreudigen Senioren zuvor beim fröhlichen Stimm- und Gesangstraining mit Ruth Gomer (Volkshochschule Villingen-Schwenningen) verloren. "Fast alles ist möglich, wenn Sie es möchten", ermunterte auch Gerhard Wolf, Leiter der Musikakademie Villingen-Schwenningen, zu Gesang und instrumentalem Musizieren in fortgeschrittenem Alter. Michael Moser, Geschäftsführer des Seniorenrats VS, bezog sich in seinem Fazit auf das Motto des Seniorentags "Lebensfreude durch Musik". Sie sei mehr als schöner Zeitvertreib, nämlich Balsam für die Seele.