Lebenslanges Lernen fordert Erwin Teufel. Foto: Schlenker Foto: Schwarzwälder-Bote

Erwin Teufel hält Vortrag zum Wandel

Von Ulrich Schlenker

Schwarzwald-Baar-Kreis. Die Hochschule Furtwangen setzte ihre Veranstaltungsreihe zum industriellen Wandel in der Region fort. Erwin Teufel beleuchtete wirtschaftliche Krisen und Erholungen nach dem zweiten Weltkrieg aus politischer Sicht.

Der ehemalige Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg betonte die großen Leistungen einzelner Bürger, die das nach dem Kriegsende niederliegende Land zum Wohlstand geführt haben: "Die das Haus und die Kinder versorgenden Frauen hatten nach 1945 nichts mehr. Sie haben nicht resigniert, sondern Hand angelegt". Mit Wagemut und Tatkraft hätten die in Kellern und Turnhallen beginnenden Nachkriegsunternehmer die Umstellung auf die Friedenswirtschaft geschafft.

Die Aufhebung der Preisbindung durch Wirtschaftsminister Ludwig Erhard habe zur Entwicklung von Angebot und Nachfrage beigetragen. "Unsere Region wurde ein Musterbeispiel für die industrielle Entwicklung unter schwierigen Bedingungen", zeigte Erwin Teufel mit einer langen Aufzählung von Orten mit florierenden Industriezweigen auf. "Die Strukturkrisen ab Ende der sechziger Jahre schlugen wie eine Bombe ein", erinnert sich der Politiker. 40 Uhrenfabriken seien in Schwenningen und der Umgebung verschwunden, zählt Erwin Teufel auf. Er habe herzzerreißende Erlebnisse gehabt, verriet der Ehrensenator der Fachhochschule Furtwangen den zahlreichen Zuhörern im Schwenninger Campus. "Bei Kienzle stand die ganze Belegschaft im Freien auf dem Hof. Nach dem Untergang von Dual sind täglich Busse voller Menschen zum Arbeiten zu Daimler gefahren", blickte Teufel zurück. Als Ursachen für die Strukturkrise nennt Erwin Teufel den Verlust der Wettbewerbsfähigkeit im Vergleich zu japanischen Firmen und die verpasste technologische Revolution beim Übergang auf die Elektronik. Im Fall von Kienzle-Uhren habe das Land mit Subventionen in Höhe von 16 Millionen Mark geholfen. "Der Niedergang hat sich um zehn Jahre verschoben", verdeutlicht der Landespolitiker die Grenzen politischer Einflussmöglichkeit. Nur mit wettbewerbsfähigen Branchen und Betrieben werde es in einer Hochlohnregion sichere Arbeitsplätze geben, machte Erwin Teufel klar. Auch Mut zur Selbstständigkeit sei gefragt.

Der Staat darf sich nach Ansicht des ehemaligen Ministerpräsidenten nicht aus der Verantwortung stehlen. Er dürfe wirtschaftliche Entwicklung nicht behindern. "Wir müssen in die Köpfe investieren", spricht sich Ehrensenator Teufel für mehr Bildung aus. Fortwährendes Lernen ist seine Vision. Er möchte, dass sich Berufstätige zeitweise an den Stätten ihrer Ausbildung weiterbilden. Wenn 6000 Studenten die Schwenninger Innenstadt beleben, sei das ein willkommener Nebeneffekt einer von der Politik angeführten Bildungsoffensive.