In die Musik vertieft: Infinite Livez bei seinem Auftritt im Hinterbühenraum des Theaters. Foto: Palmtag Foto: Schwarzwälder-Bote

Kernmacherei: Infinite Livez schaut in Villingen vorbei / Premiere: Verzicht auf Stuhlreihen

VS-Villingen. Pünktlich war er nicht, aber das lag nicht an ihm, sondern an Bus und Bahn. Jürgen Palmtag und Emmerich Györy mussten einige Zeit warten, bis sie den Künstler für das letzte Konzert der Kernmacherei Nr. 6. am Freitag im Empfang nehmen konnten. Dann aber kam am Schwenninger Bahnhof das öffentliche Verkehrsmittel und mit ihm der in East-London geborene und heute in Berlin lebende internationale Künstler Infinitive Livez.

Was er von einem Auftritt aus München auf dem Weg nach Berlin an Gepäck dabei hatte, ein Rollen- sowie ein Alukoffer, reichte bis auf die ehedem stationären Verstärker und die großen Lautsprecher aus, um am Abend im Hinterbühnenraum des Theaters am Ring ein dort außergewöhnliches Konzert zu geben. Erstmals wollten die beiden Organisatoren des Forums für Experimentalmusik diesmal ohne die fast schon klassische Reihenbestuhlung auskommen (wir berichteten), und das Publikum tanzen lassen.

Als um 20 Uhr alle Loop- und Steuergerätschaften in sich verschachtelt an die Verstärker angeschlossen waren, ging es pünktlich los.

Doch kein Widerspruch

Der Begriff klingt nach Widerspruch: "klassisch experimentell" und damit offenbar schwer in die menschliche Motorik zu übersetzen. Palmtag und Györy sorgten sich etwas um die Tanzbarkeit. Einige Minuten später entwickelte sich die Performance dann allerdings mehr und mehr in Richtung Soul und Funk. "Die schwarze Soulstimme von ihm passt da hervorragend", so Palmtag gegenüber unserer Zeitung. Infinitive Livez geht virtuos mit Stimme und den ungewöhnlichen Musikinstrumenten um. "Im Spiel ist Livez wie eine gut geölte Maschine", so Palmtag; kein Holpern, keine Unsicherheit. Dem Publikum habe der Auftritt des internationalen Künstlers mit Vater aus Jamaika und Mutter aus Grenada viel Freude bereitet. Der Hinterbühnenraum mit geschätzt 40 Besuchern erzeugt eine Club-Atmosphäre, welche ein gegenseitiges Befeuern von Solist und Publikum ermöglicht. Wurde nun auch getanzt? In Ansätzen. Die völlige Ausgelassenheit, wie es die Musik zugelassen hätte, blieb aus. Hier könnte sich das Publikum noch etwas entwickeln. Aber immerhin: Der passive Status des nur Mitwippens wurde durchbrochen. Genau dies passiert übrigens auch in den elektronischen Anlagen der Künstler.

Die Loop-Geräte arbeiten mit Rückkopplungsschleifen. Erzeugte Töne sorgen mit dem an anderer Stelle erzeugten Feedback wiederum für neue Töne. Eine Rückkopplungsschleife zwischen Künstler und Publikum ist eigentlich gewünscht.