Hoffen auf eine gute Weiterführung von "Fight for your life VS": (von links) OB Rupert Kubon, Landrat Sven Hinterseh, Torsten Schnittker vom Landessportverband, Achim Böhme vom Boxverband BW, Trainer Witali Tarassow, die Teilnehmer Mohamed und Daniele sowie Oliver Vlcek von Boxing VS. Foto: Kratt Foto: Schwarzwälder-Bote

Soziales: Integrationsprojekt "Fight for your life VS" mit neuen Unterstützern / Jugendliche werden begleitet

Sie stehen am Rande der Gesellschaft: Jugendliche mit Migrationshintergrund und Jugendliche mit krimineller Vergangenheit. "Fight for your life VS" heißt das Boxprojekt, das ihre Integration sportlich fördern soll. Und noch darüber hinausgeht.

VS-Schwenningen. Passender hätte der Anlass für die Vorstellung des Projekts nicht sein können: der Black-Forest- Cup in der Deutenberghalle (wir berichteten). Denn hier wird in diesen Tagen einmal mehr deutlich, wie wichtig es für Jugendliche ist, ihren Energien freien Lauf zu lassen. Zudem kommen hier viele Boxtalente mit Migrationshintergrund zusammen.

Allen voran war es der Verein Boxing VS unter der Leitung von Oliver Vlcek, der das Projekt vor drei Jahren schon einmal ins Leben gerufen hatte. "Wir wollen Randgruppen bedienen, die sich auf der Straße sonst nie treffen würden", sagt er. Die finanzielle Förderung sei mittlerweile ausgelaufen, nun solle "Fight for your life" auf andere Füße gestellt werden, berichtet Vlcek. Rund 100 000 Euro sollen auf die nächsten drei Jahre verteilt – unter anderem für zwei Trainer und einen mobilen Boxring – hineinfließen.

Nachdem der Landessportverband und der Boxverband Baden-Württemberg bereits beim ersten Mal mitgewirkt hatten, konnte Vlcek für die Weiterführung den Landkreis (15 0000 pro Jahr) und die Stadt VS gewinnen. Wenn der Verwaltungsausschuss dem Vorschlag zustimmt, werde die Stadt 10 000 Euro jährlich hinzugeben, berichtet OB Rupert Kubon. Das Projekt sei ihm wichtig. "Denn es ist ebenso wichtig, Menschen zu integrieren, die auf andere Weise keinen Zugang zur Gesellschaft haben", erklärte er. Den Impuls dazu hatte ihm im vergangenen Jahr die Paul Harris-Preisverleihung des Lions Clubs gegeben. Den Preis hatte der Boxing VS-Trainer mit seinem Integrationsprojekt gewonnen.

Und auf dieser Veranstaltung hatte auch Landrat Sven Hinterseh das Projekt kennengelernt – und als spannend empfunden, sagt er. "Dort, wo Geflüchtete sind, ist eine hohe Dichte an Kriminalität." Daher sei es erforderlich, vor allem die Jugendlichen zu erreichen – "damit sie sich engagieren und mit Power abreagieren können." Durch den mobilen Boxring solle das Projekt auch in den gesamten Landkreis hineinwirken.

Trainer fungieren als Vertrauenspersonen

Feste Trainingszeiten gebe es in den Turnhallen der Friedensschule sowie der Villinger Steppachschule, berichtet Initiator Vlcek. Waren es beim ersten Anlauf bis zu 20 Personen zwischen 14 und Jahren, kommen derzeit rund 10 Jugendliche – mit Potenzial nach oben. "Besonders bei den Flüchtlingen besteht eine hohe Fluktuation."

Die Trainer, als Hauptverantwortlicher Witali Tarassow, fungierten aber nicht nur als sportliche Leitfigur, sondern auch als pädagogische Betreuer und Vertrauensperson. Behördengänge, mitunter zum Bundesamt für Migration, seien die Regel. Der 21-jährige Mohamed aus Afghanistan etwa, der in der Gemeinschaftsunterkunft in der Villinger Straße lebt, fühlt sich bei "Fight for your life" sehr wohl, meint er selber. In einer "Hauruck-Aktion" habe er über das Projekt einen Ausbildungsvertrag bei einer Firma bekommen, fügt Oliver Vlcek hinzu. Und auch beim 17-jährigen Daniele mit "schwieriger Kindheit" – er ist seit Januar dabei – habe man Kontakt zum Bewährungshelfer aufgenommen. "Mein Weg damals hat mir nicht gut getan", sagt Daniele. "Auch durchs Boxen ist mein Leben viel besser geworden – ich mache etwas Sinnvolles mit meiner Zeit."

Warum gerade er soviel Vertrauen zu den Jugendlichen aufbauen kann? "Ich bin in dieser Stadt aufgewachsen und weiß genau, was in den Köpfen der Jugendlichen vorgeht", sagt Trainer Witali Tarassow selbstbewusst. Denn auch der ehemalige Leistungssportler sei "nicht immer brav gewesen", als er das nachholen wollte, was er durch sein Sportlerleben verpasst hatte. Jetzt fühle er sich verantwortlich für seine Schüler. Denn: "Beim Boxen findet man die Familie, die man sonst vielleicht nicht findet." Daher sei auch die Betreuung außerhalb des Boxrings so unentbehrlich.