Hans Henschke am Mischpult von "Radio 71". Foto: Schück Foto: Schwarzwälder-Bote

Klinikum: "Radio 71" ist seit mehr als 40 Jahren auf Sendung / Donnerstags läuft das Wunschprogramm

Sonja (Name geändert) freut sich auf den Abend. "Ich habe eine Karte eingeworfen und mir ein Lied gewünscht", sagt die Schwenningerin. Zur Zeit ist sie Patientin im Schwarzwald-Baar-Klinikum.

Schwarzwald-Baar-Kreis. Jeden Donnerstagabend heißt es im dort ab 19.30 Uhr "Sie wünschen, wir spielen".

Alle Patienten können entweder die Telefonnummer 07721/937171 anrufen und ihren Wunschtitel nennen oder eine "Hörerwunschkarte" in die entsprechenden Briefkästen auf den Stationen einwerden. Hans Henschke findet jeden gewünschten Titel. Wenn nicht, dann liegt es meist daran, dass die Patienten sich nicht genau erinnern können, wie das Lied heißt, das sie hören wollen.

Der 66-jährige ehemalige Krankenpfleger und seine Kollegen nutzen ein kleines Studio in einem lichtdurchfluteten Raum im Klinikum. Henschke zeigt das Mischpult, die Platten- und die CD-Sammlung, während "Radio Neckarburg" läuft, bis "Radio 71" auf Sendung geht. Der Name ist Programm. Seit 1971, beziehungsweise sogar schon einige Zeit vorher, gibt es den Krankenhausfunk. Es begann im damaligen Schwenninger Krankenhaus. "Wir waren die ersten in Baden-Württemberg", sagt Henschke stolz. Er sei damals "mal hingegangen und dann hängengeblieben".

Hans Henschke ist eine imposante Erscheinung mit markantem Hut und lebt auf einem 3000 Quadratmeter großen Grundstück in Schwenningen. Dort hält er Ziegen und eine Katze, füttert die Nachbarkatzen. Jetzt ist er seit einigen Jahren in Rente, ebenso wie sein Kollege Dieter Löffelhard, ein ehemaliger Schriftsetzer. Mit im Radio-Team sind die beiden Söhne von Hans Henschke, Fabian und Daniel. Schon als Kinder besuchten sie den Vater im Studio, jetzt machen sie als Erwachsene begeistert mit.

"Es ist weniger Arbeit geworden, damals war es viel mehr", erinnert sich der Rentner.. Je vier Stunden in der Woche sind alle ehrenamtlich beschäftigt, Henschke arbeitet mit Begeisterung noch mal zwei Stunden mehr

Wem die Gebühren für Fernsehen und Internet am Krankenbett im Klinikum zu hoch sind, der kann zumindest donnerstags das liebevoll zusammengestellte Programm des Krankenhausradios hören. Allerdings habe die Nachfrage nachgelassen, bedauert der Hobby-Moderator. Im Krankenhaus in Schwenningen hätten die Krankenschwestern den Patienten die Hörerwunschkarten noch ans Bett gebracht.

Früher seien die Patienten auch viel längere Zeit im Krankenhaus gewesen, erzählt er. "Damals dauerte es zum Beispiel vier Wochen, bis jemand mit einem Magengeschwür entlassen wurde".

23 000 Titel haben die ehrenamtlichen Radiomacher archiviert. Außer Schallplatten und CD werden auch die die neuen Medien genutzt. Manche Schallplattensammlungen sind Spenden. Wenn etwas fehlt oder ersetzt werden muss, gewährt die Klinik-Geschäftsführung unbürokratisch und schnell Hilfe. "Wir sind dem Klinikum dankbar für das Studio in den hellen Räumen, und dass wir von der Technik unterstützt werden", betont Hans Henschke: "Wir kosten nichts und wenn wir was brauchen, finden wir immer ein offenes Ohr."

Das Radiostudio ist zehn Jahre alt. Gewünscht werde von den Hörern so gut wie jede Art von Musik. Geistliche Lieder ebenso wie klassische Musik, alte und neue Schlager sowie "modernste Sachen". Die Gema-Gebühren stellen kein Problem dar.

Heute vor Sendungsbeginn sortieren Hans Henschke und seine Kollegen sorgsam die Hörerwünsche. "Erst spielen wir die alten Titel und dann das moderne Zeug", stellt er fest. So zirka 20 Tracks sind es durchschnittlich. Aber auch Anrufe während der Sendung werden noch bearbeitet.

Der Musikgeschmack ist unterschiedlich. "99 Luftballons" zum Beispiel wird oft gewünscht oder auch "Weiße Rosen aus Athen" und "Skandal um Rosi". Früher wollte man im Schwenninger Krankenhaus öfters auch das "Ave Maria" hören. Sogar Angehörige rufen manchmal an und wünschen sich etwas. "Einmal sprach ich mit einer Patientin, die in Freudenstadt operiert wurde. Sie wünschte sich ein Lied für ihren Mann in Schwenningen", erinnert sich Hans Henschke. "Radio 71" kann übrigens auch im Donaueschinger Klinikum empfangen werden.

In wenigen Krankenhäusern im Land gibt es ähnliche Patientenradios, alle werden ehrenamtlich betrieben.

Patientin Sonja ist glücklich: "Ich habe mir den Titel "Ganz in Weiß" von Roy Black gewünscht und sie haben es gespielt", freut sie sich. Das war das Lieblingslied ihres verstorbenen Mannes.