Elektromobilität: Branche entwickelt langsam / Stadtwerke planen Erweiterung des Ladesäulennetzes

Auf den Straßen und Wegen in und um die Neckarstadt sind immer häufiger E-Autos und Fahrräder mit Akku und Motor zu sehen. Trügt der Schein, oder steigt die Anzahl der elektrisch angetriebenen Fahrzeugen?

VS-Schwenningen. In den Sommermonaten nutzen Jung und Alt die freie Zeit, um sich an der frischen Luft zu bewegen. Auf Touren, die unweit der Neckarstadt liegen – beispielsweise dem Neckartal-Radweg, dem Schwarzwald Panorama-Radweg oder dem Donau-Radweg – aber auch in der Stadt selbst, sind vermehrt E-Bikes unterwegs.

Dass die Nachfrage an Fahrrädern mit Elektromotor gestiegen ist, kann auch Markus Blust, einer der drei Geschäftsführer des Fahrrad-Centers Singer, bestätigen: "Die letzten beiden Jahre hat es eine deutliche Steigerung gegeben." Laut Prognosen des Einkaufsverbandes würden in sechs bis sieben Jahren etwa 60 bis 80 Prozent der Fahrradfahrer mit Motor fahren, verrät Blust.

Anders als im allgemeinen Sprachgebrauch fahren aber kaum E-Bikes, sondern "zu 99 Prozent Pedelecs" durch die Gegend. Doch wo liegt eigentlich der Unterschied? Bei einem Pedelec gibt es die Unterstützung nur, solange man in die Pedale tritt. "Es soll ja noch ein Fahrrad sein", schmunzelt Blust. Über ein Bedienelement kann bestimmt werden, ob Unterstützung durch den Motor gewünscht ist und wie stark diese sein soll. Ein E-Bike hingegen habe einen Gashebel und könne auch ohne eigenen Kraftaufwand fahren. Zur Kundschaft zählen laut dem Fahrradexperten beinahe alle Altersklassen. "Das hat sich komplett verschoben. Vor ein paar Jahren haben sich ältere Menschen noch geschämt, sich ein Fahrrad mit Elektromotor zu kaufen", blickt er zurück. "Heutzutage kaufen sich Junge ein Pedelec, um damit ins Geschäft zu fahren."

Auch bei Feriengästen sind die Räder mit Elektromotor gefragt. Lukas Löffler von der Tourist-Information Villingen-Schwenningen teilt auf Nachfrage mit, dass die zwei "E-Bikes", die in Villingen zum Ausleihen stehen, sehr beliebt sind. "Wir wollen einen Service für Touristen anbieten. Aber auch von Einheimischen wird das Angebot genutzt."

Vor allem Leute, die ohnehin viel mit dem Rad unterwegs sind, zählen zu den Mietern. "Touristen, die beispielsweise an einem Tag nach Königsfeld, St. Georgen oder Donaueschingen fahren möchten, leihen sich bei uns ein E-Bike." Zur Orientierung nennt Löffler die Altersklassen von 30 bis 60 Jahren. Die Leihdauer ist in der Regel auf einen halben, oder einen ganzen Tag festgelegt. Bei sicherer Verwahrung, wie Löffler erklärt, könnten Kunden die Räder aber auch länger mieten.

Doch nicht nur Zweiräder mit Elektromotor sind vermehrt unterwegs. Auch immer mehr Elektroautos sind in der Neckarstadt wahrzunehmen. "Der Trend ist steigend", teilt Heike Frank, Pressesprecherin des Landratsamts, auf Anfrage des Schwarzwälder Boten mit. Demnach sind im Schwarzwald-Baar-Kreis 167 Elektrofahrzeuge zugelassen, davon 61 in VS. Zu Beginn des Jahres 2016 lag die Zahl noch bei 36 Fahrzeugen in der Doppelstadt.

Und wie sieht es mit Lademöglichkeiten für diese Autos in Schwenningen aus? "Momentan betreibt die SVS in Schwenningen eine Ladesäule. Sie befindet sich am Hockenplatz und wurde im September 2015 in Betrieb genommen. Sie ist kostenlos nutzbar", teilt die Pressesprecherin der Stadtwerke, Susanna Kurz, auf Anfrage mit. Geplant seien weitere Ladesäulen, die nach Angaben der Pressesprecherin noch in diesem Jahr in Betrieb genommen werden sollen. "Eine Säule wird beim Schwenninger Neckarbad installiert und eine im Bereich der Helios Arena", erläutert Kurz.

"Wir werden und wollen der Verbreitung der Elektromobilität nicht im Wege stehen", so SVS-Geschäftsführer Ulrich Köngeter. Deshalb baue die SVS das Ladesäulennetz trotz eher zurückhaltender Nutzung aus, so Kurz. Rund 16 000 Kilowatt Strom wurde in den letzten eineinhalb Jahren an den drei vorhandenen Säulen in VS getankt. "Das entspricht einem Wert von circa 4000 Euro und dem Jahresverbrauch von vier Einfamilienhäusern", ordnet Kurz ein.

Der reinen E-Mobilität für ländliche Bereiche wie VS stehe Köngeter eher zurückhaltend gegenüber. Vielmehr sehe er die Zukunft der alternativen Antriebe in Hybrid-Fahrzeugen. "Auf der Autobahn ist es bei diesen Fahrzeugen möglich, den Verbrennungsmotor oder gasbetriebenen Motor einzusetzen und in der Innenstadt den Elektroantrieb." Und das spiegeln auch die Zahlen des Landratsamtes wieder. Insbesondere die Hybrid-Kombination mit einem Benzin-Verbrennungsmotor ist beliebt. Von 450 Fahrzeugen im Schwarzwald-Baar-Kreis, sind 231 in VS gemeldet. Zu Jahresbeginn 2016 lag die Zahl im Oberzentrum bei 148.

Die "Tankstellen" für die Elektrofahrzeuge sind also noch recht mau in der Region. Umso ärgerlicher ist es für die Fahrer dann aber, wenn die wenigen Ladestationen auch noch blockiert werden. Immer wieder ist zu beobachten, wie der Ladestellplatz am Hockenplatz als gewöhnlicher Parkplatz genutzt wird. Doch was droht denjenigen, die ungeachtet dem Sinn dieser Stellfläche dort parken? "Fahrzeughalter, die auf einer Ladestation parken, werden konsequent verwarnt", teilt Madlen Falke, Pressesprecherin der Stadt mit. Denn auf diesen Plätzen gelte ein generelles Park- und Halteverbot – ausgeschlossen seien E-Mobilisten, so Falke weiter.

Geahndet wird die Missachtung mit einem Bußgeld in Höhe von 35 Euro. Und auch das Abschleppen sei nicht auszuschließen. "Durch die Verwarnungen haben wir das Problem gut in den Griff bekommen und auch Beschwerden sind deutlich zurück gegangen", fasst Falke zusammen.