Nach 18 Jahren Bühnenjahren verabschieden sich die "Stadtratten" (von links) Frank Thoma, Norbert Ertel, Martin Ummenhofer und dazwischen Ralf Kastner als Till Eulenspiegel. Fotos: Zimmermann Foto: Schwarzwälder-Bote

Narren: "Stadtratten" geben Abschiedsvorstellung mit Kasperletheater / Hänsel findet im Städtle sein Gretchen nicht

Märchen sind nicht nur für Kinder da, sondern für Erwachsene ebenso, wurde den Besuchern des Balls der Heringsdörfler im voll besetzten Gemeindezentrum von St. Fidelis eindrücklich klar gemacht.

VS-Villingen. Erstmals mit der Ballregie vertraut, setzten Birgit Möhrle-Beese und Ralf Krüger das erwachsenengerechte Märchenkonzept durch. Als Till Eulenspiegel begann Ralf Krüger selbst mit närrischen Spiegeleien des Stadtgeschehens.

Über Schwenningen scheint immer die Sonne

So entdeckte er beispielsweise den OB und die Glonkis mit durchaus hässlichen Frauen auf ihren himmlischen Wolken herumschweben. Warum? Wegen Gerechtigkeitsdefiziten, denn über Schwenningen scheine immer die Sonne. Und die Glonkis, "was die saufen, damit könnte man den Münsterbrunnen fünf Jahre lang laufen lassen". Zum Neubau des Niederen Tors empfahl er "Mut zur Lücke".

Doch dann ließ er es gut sein mit "Politisieren", um das Ballmärchen zu moderieren. Und da tauchten sie auf die märchenhaften Gestalten, für die Hexen von der Tanzgruppe Karin Krieg und Anja Grüßer gab es sogleich Zugaberufe. Ein Schneewittchen kam keines, aber die Zwerge (bisheriges Heringsballett), und die tanzten mit ihren riesigen kegelförmigen Hüten eine kesse Sohle bis der Boden bricht.

Gar nicht einfach hatte es Hänsel (Jutta Schleusener), sein Gretchen im Städtle zu finden, nicht in der Glonkiatrie, nicht im närrisch elitären Bermudaviereck um den Romäusturm (Katzen, Hexen, Narros, Schwarze Vögel) und nicht mal auf dem Weihnachtsmarkt. Der sei sowieso wie ein neumodischer Kreisverkehr, zwischen Glühwein und Currywurstbunden habe man schnell alles gesehen und sei wieder am Anfang. Bestimmt aber am Fasnetsumzug trifft er sie, war er sicher, denn sie steht auf Schokolädle vom Heringsdorf. Die wahre Geschichte vom Rotkäppchen und dem bösen Wolf inszenierten die Schelbmuhler aus Muckepfiife (Mönchweiler), nicht als Sketch, sondern als närrisches Musical mit für alle großem Wiedererkennungs- und Mitsingwert von der Neuen Deutschen Welle durch alle Charts.

Ein kleiner Wermutstropfen zum Schluss. Nach 18 Bühnenjahren wurden die "Stadtratten" mit Martin Ummenhofer, Norbert Ertel und Frank Thoma in den fastnächtlichen Unruhestand verabschiedet. Und sie präsentierten eine märchenhafte Leistung, kein seichtes Kasperletheater. Sie wühlten mal richtig in der Kanalisation herum und brachten das Gefundene scharfzüngig zu Gehör. Es waren super schöne Lieder, wobei die Texte alle selbst geschrieben wurden, hob "Till" Ralf Krüger unter großem Beifall der im Saale Anwesenden hervor.

Für die musikalische Kurzweil zwischendurch und bis lange danach sorgte Entertainer Wolfgang (Kratt), direkt nach dem Programm hielt die Guggemusik der Fazenedle die närrische Stimmung hoch.