Für Entwicklungen und Lösungsansätze in der Pflege interessierten sich: (Von links) Günter Sänger (Diakonie ambulant), Lioba Stecker, Claudia Morschel (Teamleiterinnen der katholischen Sozialämter in Villingen und Schwenningen), Matthias Möhring-Hesse, Friederike Schlachter (Pflegedienstleitung Franziskusheim) und Anja Lüders (Leiterin Frauen Regionalsekretariat der KAB). Foto: Bombardi Foto: Schwarzwälder-Bote

Tübinger Sozialethiker Möhring-Hesse fordert mehr Geld für diesen Bereich / Ausstellung im Franziskusheim

Von Rainer Bombardi

VS-Schwenningen. "Wer gut pflegen möchte, muss dafür sorgen, dass gute Pflege gearbeitet werden kann", lautete der Slogan, der sich wie ein roter Faden durch einen Impulsvortrag des katholischen Theologen Matthias Möring-Hesse zog.

Der Tübinger Sozialethiker und Lehrstuhlinhaber bereicherte die Vernissage der Ausstellung "Pflege tut Not", die im Foyer des Franziskusheims noch bis Sonntag, 11. Oktober, zu sehen ist. Darin zeigen Pflegekräfte aus dem Schwarzwald-Baar Kreis Missstände in ihrem Beruf auf, vor welchen die Bevölkerung gerne die Augen verschließe, sei es aus Ignoranz oder der Angst, von anderen abhängig zu sein. Möhring-Hesse bezeichnete Pflege als ein Thema, das dem Eingeständnis gleichkomme, von anderen abhängig zu sein. Die gesellschaftliche Akzeptanz der Pflege limitiere sich auf die Zeit nach er Geburt und auf das hohe Alter, skizzierte der Hochschulprofessor das Dilemma eines Berufsbildes, das alle Zwischenstufen ausblende und dessen Bedarf kontinuierlich wachse. Im Alltag auf andere angewiesen zu sein, werde abgelehnt und bringe den Beruf in eine Schieflage.

"Wir müssen wieder in die Realität zurückfinden", forderte Möhring-Hesse die wachsenden Ansprüche und den wachsenden Bedarf an eine gute Pflege konstruktiv zu unterstützen. Doch die Schere zwischen Anspruch, Bedürfnissen und der Unfähigkeit, diese in der Gesellschaft umzusetzen, werde immer größer. Gute Pflege erfordere gut ausgebildete Pfleger, denen in einem anerkannten Berufsbild bei auskömmlichem Einkommen die Chance gegeben werde, sich optimal einzusetzen. Die Wirklichkeit verlaufe anders, bezeichnete Möhring-Hesse den Mangel an Pflegekräften als ein Handicap.

Parallel finde eine Entwicklung statt, welche die eigentliche Pflegearbeit zu Gunsten eines steigenden Verwaltungsaufwands und bürokratischen Vorschriften zurückdränge. Der ständig wachsende Pflegebedarf werde vor allem mit Teilzeitarbeitskräften, Aushilfen und Praktikanten gelöst, was sich in einem krassen Widerspruch zu einem vielfach beklagen Fachkräftemangel befinde. Eine nachhaltige Tätigkeit in der Pflege erfordere die Möglichkeit, sich ständig fortzubilden und das Anforderungsprofil zu stärken. "Wer den gewachsenen Ansprüchen genügen möchte, muss das dafür verfügbare Geld in die Pflege und nicht in die Verwaltung stecken", forderte Möhring-Hesse.

Er sieht viele Pflegekräfte am Limit ihrer Belastbarkeit, was wiederum zu einem inneren Ausstieg führe und den Fachkräftemangel zusätzlich erhöhe. Der Wettbewerb steigere im Gegensatz zum Bereich der Erzieher zusätzlich die Konkurrenz unter den Pflegediensten. Die Kostenträger vermitteln in ihrer Marktstrategie, dass "Pflege jeder kann" und heizen so die Unzufriedenheit weiter an. Den Pflegediensten riet Matthias Möhring-Hesse mit einheitlicher Stimme, die vom Sozialstaat unglücklich ausgerichteten Steuerungselemente wieder in Richtung einer guten und bezahlbaren Pflege zu lenken.

Organisatorin der Veranstaltung waren das Franziskusheim und die katholische Arbeitnehmerbewegung (KAB), welche Regionalsekretärin Anja Lüders als eine Bewegung für soziale Gerechtigkeit beschrieb.