Kanalrohre liegen bereit, die Erschließung kann bald starten. Dann kann die etwas andere Vermarktung eines städtischen Industriegebiets starten – für den Privatmann, aber auch für die Stadt VS. Foto: Eich

Neues Industriegebiet wird von Privaten und der Stadt gleichzeitig vermarktet. Eigentümer: "Selbst schuld."

Villingen-Schwenningen - Die Vermarktung der Flächen im Villinger Industriegebiet Salzgrube ist eine wahrlich delikate Angelegenheit: Es ist das dringend benötigte Industriegebiet, das jedoch gut zur Hälfte in Privatbesitz liegt und in dem sich die Stadt und jener Privatmann nun einen munteren Preiskampf liefern werden.

Die Situation könnte grotesker kaum sein. Anstatt eines durch die Stadt definierten Festpreises pro Quadratmeter für das Bauland in der Salzgrube, wird jetzt also gepokert. 60 000 Quadratmeter besitzt die Stadt, 50.000 die private Eigentümerfamilie. "Der Privatbesitzer vermarktet auf der einen Seite, wir auf der anderen", schildert Wirtschaftsförderin Beate Behrens, Geschäftsführerin der Wirtschaft und Tourismus Villingen-Schwenningen GmbH (WTVS). Eine ungünstige Konstellation? "Vielleicht", gesteht der Privatmann schulterzuckend – aber das habe sich die Stadt selbst eingebrockt. Er sei zum Verkauf seines Landes bereit gewesen, allerdings zu einem anderen Preis. Ein Gutachter habe daraufhin sowohl für die Privatleute als auch die Stadt Villingen-Schwenningen den realistischen Preis für Grund und Boden in der Salzgrube ermittelt, doch die Stadt habe sich an diesem nicht orientiert, sondern weiterhin an einem Angebot "weit unter Marktwert" festgehalten. "Die haben gedacht, die kriegen uns schon in die Knie." Schließlich müsse er als Privater nun in Vorleistung die kompletten Erschließungskosten für seine 50.000 Quadratmeter finanzieren, ein gewaltiges Sümmchen. Doch er habe es auf sich genommen. "Es ist ein Glücksspiel, da ist ein Risiko dabei, aber das haben wir gewusst", sagt er. Und prompt hat man eine seltsame Situation geschaffen: Einen Preiskampf im Industriegebiet Salzgrube.

"Es könnte noch besser laufen"

Die Vermarktung stockt noch. "Es läuft, aber es könnte noch besser laufen", meint Beate Behrens. Sie führt das auch auf die noch nicht begonnene beziehungsweise vollendete Erschließung zurück: "Wenn ein Unternehmen den Entschluss gefasst hat, umzusiedeln, muss man schon zur Verfügung stehen." Einige Anfragen gebe es trotzdem schon. Darin sind sich beide Parteien einig, denn auch er meint: "Das ist klar: Wenn Interessenten da sind, fragen die auch, ›wann kann ich bauen?‹", erst wenn man wisse, wann das Gebiet baureif sein, könne man mit der Vermarktung so richtig loslegen. Wie das Gebiet sich wohl entwickeln wird?

Behrens erzählt, dass derzeit vor allem ein großes Interesse von Tankstellen registriert werde, für die das Gebiet wohl strategisch lukrativ sei. Und auch der Privatbesitzer ist mit diesen im Gespräch. Wer das Rennen macht? "Die müssen sagen, welchen Platz sie wollen – und zu welchem Preis", sagt der Unternehmer und gibt damit einen kleinen Einblick in die groteske Lage in Villingens neuestem künftigen Industriegebiet. Beate Behrens schildert zwar, dass die Privaten und die Stadt gegenseitig "im Austausch" stehen, sagt aber auch: "Es wird sich zeigen: wollen die auf das Privatgelände oder auf unseres?"

Selbst schuld – das jedenfalls meint der Privateigentümer in Richtung Stadt, "weil sie uns keinen anständigen Preis geboten haben. Die Stadt hat uns gezwungen, so zu handeln" und wenn die Situation bezüglich der Vermarktung der Salzgrube nun eine etwas Unglückliche sei, dann trage er mit Sicherheit nicht die Schuld daran.

Woran nun liegt es, dass es mit der Vermarktung in der Salzgrube noch hapert – und beispielsweise so prominente Unternehmen wie Hechinger aus der Stadt auswandern. Wirtschaftsförderin Beate Behrens war sich im Gespräch mit unserer Zeitung sicher: Hechinger ist ein gutes Beispiel dafür, dass Unternehmen ad hoc ein erschlossenes Gelände benötigen, wenn sie sich mit dem Gedanken an eine Erweiterung tragen. Genau deshalb wandere Hechinger letztlich Richtung Dauchingen ab. Der Privatmann jedoch sieht ein anderes Problem: den Gewerbesteuerhebesatz. Der liege in VS bei 360 Prozentpunkten und damit "mit Sicherheit höher" als andernorts. (Zum Vergleich: Donaueschingen - 330 Prozent, Dauchingen – 340, Konstanz durchschnittlich 343,2, Tuttlingen 290 bis 365 Prozent).

Der hohe Gewerbesteuersatz resultiere aus dem Jahr 2004, als man ihn in einer wirtschaftlich schwierigen Zeit angehoben habe, mit dem Versprechen, ihn in besseren Zeiten wieder auf das alte Niveau zu senken – das aber sei nie passiert. Zudem sei der Grundstückspreis in Villingen-Schwenningen in der Regel recht hoch angesetzt, so dass diese beiden Faktoren zusammen für manch expansionswilliges Unternehmen den Ausschlag dazu geben, VS den Rücken zu kehren.