Bei der Werbesatzung dreht sich alles um das Marketing und inwieweit dieses sich in das Gesamtensemble der historischen Innenstadt einfügt. Foto: Eich

Werbesatzung schiebt stillosem Treiben Riegel vor. Heruntergekommene Häuser ein Problem.

Villingen-Schwenningen - Hier eine geschmacklose Tafel, dort ein paar stillose einzelne Buchstaben auf ungepflegter Fassade: Ein Mittel gibt es gegen allzu stilloses Treiben, die Werbesatzung der Stadt VS.

Auswärtige Besucher schütteln entsetzt den Kopf und deuten auf ein Werbeschild an einem mittelalterlichen Haus, das hervorsticht aus dem ansonsten so harmonischen Ensemble mittelalterlicher Gebäude und gut abgestimmter Werbeschilder. Praktisch, quadratisch, aber für viele eben nicht gut, ist das Viereck und provoziert abwertende Kommentare: "Ist das scheußlich, so etwas gehört verboten."

Über Geschmack lässt sich sicherlich streiten. Und zu einem gewissen Grad können die zuständigen Stadtentwickler auch nicht in die Gestaltungsfreiheit ihrer Bürger oder Gewerbetreibenden eingreifen. Doch es gibt für Henning Keune, Chef der Stadtentwicklung VS, und Christine Blessing, Untere Denkmalschutzbehörde, Grenzen. Grenzen, die in der Werbesatzung der Stadt festgeschrieben sind. Während sich die wieder leicht geänderte Gestaltungssatzung um Bauten kümmert, dreht sich bei der Werbesatzung alles um das Marketing und inwieweit dieses sich in das Gesamtensemble der historischen Innenstadt einfügt.

"Was nutzt eine schöne Straßenszene in der Niederen Straße oder der Färberstraße, wenn jemand eine blinkend grelle Werbung auswählt", stellt Keune dar und spielt damit auf die in der Satzung verankerten k.o.-Kriterien an: Keine klotzigen Werbekästen, keine wechselnden oder grellen Farben, keine hinterleuchteten Buchstaben, keine zugeklebten Fensterscheiben... Doch der Geschmacklosigkeit kann nur bedingt ein Riegel vorgeschoben werden. Falls unpassende Werbeträger vor Erlass der Werbesatzung vor mehr als zehn Jahren bereits auf Laden oder Lokal aufmerksam machten, genießen sie Bestandsschutz. "Dann können wir nichts tun", erläutert Keune. Grundsätzlich gelte aber im Innenstadtbereich: Ob Ausleger, Schilder, Buchstabenfolge oder aufgemalte Schrift zu Werbezwecken, "das muss alles genehmigt werden". Vor gut zehn Jahren in Kraft getreten, zeigt die Werbesatzung für Keune durchaus Wirkung: Das Stadtbild sei dadurch homogener geworden."

Auffallend ist für den Stadtentwickler, dass es in Villingen im Bezug auf die Satzung eine weitaus größere Akzeptanz gegeben habe. Den Villingern sei das Erscheinungsbild ihres "Städtle" eben sehr wichtig. Billige Plastikstühle passen zwar auch nicht zu einem schönen historischen Ambiente, doch ob Wirte die Billigvariante oder teure Holzstühle wählen, "bei solchen Entscheidungen sind uns die Hände gebunden."

Geschmacklose Werbung ist das eine. Doch heruntergekommene Häuser sind eines der "Riesenprobleme, die wir in der Innenstadt haben". Oft liegen die Schandflecke an exponierter Stelle, wie ein Eckhaus in der Färberstraße, dessen überdimensionierte Scheiben völlig zugeklebt sind. "Dieses Gebäude haben wir schon seit langem im Fokus", erläutert der Stadtentwickler. Das Problem bei dieser Immobilie seien vor allem fehlende Parkflächen und die Größe. Gespräche werden geführt, was die künftige Nutzung anbelangt, für die er sich einen Mix aus Gastronomie, Handel und Büros nebst Wohnungen im obersten Geschoss vorstellen könnte. Generell sei die Verständigung mit Eigentümern sehr schwierig, da es sich häufig um mehrere Besitzer handle, die zudem oft nicht in VS leben.

Das andere Problem ist eng verwoben mit der Vernachlässigung von Gebäuden: Viele Wohnungen stehen in den oberen Geschossen seit Jahren leer. "Doch dieses Problem", flicht Blessing ein, "haben auch viele andere Innenstädte." Einige Besitzer verschwenden keinen Gedanken an eine Sanierung, obwohl es Zuschüsse und Abschreibungsmöglichkeiten gebe. Die Stadt habe sogar eine eigene Sanierungsstelle eingerichtet, berichtet Keune. "Doch die haben einfach kein Interesse an einem Objekt, solange die Rendite stimmt". Die Zahl der Schandflecke sei zwar in der Innenstadt gesunken, dank verschiedener Sanierungsgebiete, "doch es gibt noch immer genug zu tun".

Wer seine Eigentümerpflichten stark vernachlässigt, kann sich Ärger mit der Stadt einhandeln. "Falls Gefahr in Verzug ist", dann könne die Stadt ein baufälliges Haus auch abreißen lassen, als letzte Konsequenz. Wenn Ziegel vom Dach fallen, der Putz vor sich hinbröckelt oder die marode Fassade auseinanderzubrechen droht und Besitzer sich gegen eine Sanierung sträuben, dann greifen die Stadtentwickler zur Ersatzvornahme, wie auch schon in VS geschehen. Die Stadt lässt das baufällige Haus abreißen, auf Kosten des störrischen Eigentümers. Bei denkmalgeschützten Häusern dagegen greife das Warnsystem früher, da der Erhalt im Vordergrund stehe.