Hartmut Bauer, Ewald Baumann und Anne Mäckelburg (von links) bringen die Fahrradlieferung nach Tansania auf den Weg. Foto: Schwarzwälder-Bote

Spendenprojekt: Ewald Baumann und seine Helfer beladen Container mit rund 350 Rädern für Afrika

Mit einem so großen Ansturm hat Ewald Baumann dann doch nicht gerechnet. Unablässig kamen am Samstag Bürger in die ehemalige Produktionshalle von Stahlbau Haller in der Lichtensteinstraße in Schwenningen, um Gebrauchtes für Afrika abzugeben.

VS-Schwenningen. Fahrräder, Nähmaschinen, Stahlrohre, Reparaturwerkzeuge und vieles mehr wurden freudig und jedes Stück mit einem "Dankeschön" angenommen. Der metallene Spendenberg wuchs und wuchs.

Neben Ewald Baumann, der sich selbst als "Experte für Fahrradrecycling" bezeichnet, ackern an diesem Tag etliche Jugendliche der Naturjugend (NAJU) aus der Ortsgruppe Weil der Stadt. Die Naturpädagogin Anne Mäckelburg hat sie mitgebracht. Nachdem sie von Baumanns Engagement für Afrika erfahren hatte, tat sie sich mit ihm für das Projekt "Fahrräder für Afrika" zusammen. Der Dritte im Bunde ist Hartmut Bauer aus Renningen, der beim Einsammeln hilft und findet, dass es auch dem Allgemeinen Deutschen Fahrradclub (ADFC) gut zu Gesicht stünde, sich in eine solche Richtung zu engagieren. Bislang ist das ADFC-Mitglied aber noch Einzelkämpfer. Für Ewald Baumann ist die Zusammenarbeit mit der NAJU ein Segen, denn Papierkram liebt er gar nicht. "Ich suche immer Organisationen als Partner, der die entsprechenden Anträge für Hilfslieferungen stellt", gibt er zu.

Mit dem NABU und Behinderteneinrichtungen hat er schon zusammengearbeitet. Für ein nächstes Projekt steht die Kooperation mit der katholischen Kolpingfamilie in Aussicht, dann sollen Menschen in Togo mit Hilfe zur Selbsthilfe bedacht werden. Dazu gehören in erster Linie Fahrräder, die im überwiegend armen Afrika als wertvolle Transport- und Fortbewegungsmittel gelten.

Am Samstag wurde der Container für einen 40-Tonner mit rund 350 Rädern beladen, der heute auf die Reise nach Morogoro in Tansania geht. Darin stecken beileibe nicht nur Zweiräder. Auch Nebelnetze zum Einfangen von Tau- und Nebeltropfen zur Wassergewinnung sowie jede Menge Fahrrad-Ersatzteile wurden darin gestapelt. "Mit Reifen kann man gut ausstopfen und die Ladung sichern", sagt Ewald Baumann. Im grauen Arbeitsmantel ist er unermüdlich auf den Beinen. Überschwänglich bedankt er sich für einen mitgebrachten Schraubstock – "ein Schatz". Nachdrücklich leitet er die Jugendlichen an, damit alles gut verstaut wird.

Zeit bleibt auch, nebenher von seinen Herzensprojekten zu erzählen. Dazu gehört Lulu, eine 22-jährige Bibliothekarin aus Morogoro, die über die NAJU zwei Monate in Deutschland verbringen darf und beim Verladen hilft. Zu Hause finde sie keine Arbeit, erzählt sie. Deshalb will sie so viele Erfahrungen wie möglich sammeln, ein bisschen Deutsch lernen und zurück in der Heimat ein Studium aufnehmen. Dank Ewald Baumann darf sie etliche Bücherkisten mit englischer Literatur mitnehmen. "Das ist doch toll", schwärmt Baumann und wünscht sich noch mehr jugendliche Hospitanten aus Afrika. Kenntnisse und Fähigkeiten zu vermitteln sei schließlich die wertvollste Hilfe zur Selbsthilfe, sagt er.

In seiner mit afrikanischen Flüchtlingen betriebenen Fahrradwerkstatt in einem ehemaligen Schreibwarengeschäft in der Sturmbühlstraße hatte er einen Togolese so fit gemacht, dass der sofort von einem Schwenninger Fahrradhändler engagiert wurde. "Doch er soll jetzt abgeschoben werden", bedauert Baumann und schüttelt den Kopf. Wenn er erzählt, schwirrt einem schnell der Kopf. Da ist nämlich auch noch das Projekt "Afrika erleben", mit dem ein sanfter Fahrradtourismus im schwarzen Kontinent gefördert werden soll, der Arbeitsplätze bringen könnte. Auch da mischt Baumann mit. Und er unterstützt eine Firma, die Fahrräder und Pedelecs mit in Afrika gefertigten Rahmen aus Bambus baut. Beides, Radreisen und Bambusräder, seien allerdings so teuer, dass sich das kaum jemand leisten mag, bedauert er.

Aus dem von ihm während Stuttgarter Zeiten gegründeten Verein "Fahrräder für Afrika" hat er sich inzwischen verabschiedet, weil der Kommerz dort einen für ihn zu großen Stellenwert eingenommen habe, sagt er. Dankbar ist Ewald Baumann für die Abrissgebäude, in denen er mit seinen Hilfsgütern, wie zurzeit bei Stahlbau Haller, immer kostenlos, aber zeitlich begrenzt, unterschlüpfen darf. Herumschlagen muss er sich dagegen mit Problemen aus unerwarteter Richtung. Eritrea will seine Fahrräder nicht mehr. Undurchsichtige politische Gründe werden angeführt. Ghana dagegen nimmt sie gerne an, "die wissen, dass aus Deutschland gute Qualität kommt".

Baumann ist zwar ein Idealist, doch er steht mit beiden Beinen auf dem Boden. Einst Finanzwart an der Uni Hohenheim, hat er seinen Job gegen die Pflege seiner Eltern eingetauscht. So kam er nach Schwenningen. Inzwischen befinde er sich "in einer Art Sabbat-Jahr", sagt er lächelnd. Das will er nutzen, um weitere Helfer und vielleicht sogar Nachfolger für seine vielfältigen Projekte zu finden. "Schließlich muss ich mal noch ein bisschen Geld verdienen", sagt er und liebäugelt nach den Erfahrungen mit seinen Eltern mit der Ausbildung zum Altenpfleger.