Gemeinderat: Mehrheit könnte sich heute doch für Bibliotheksverkauf aussprechen / Weitsicht der Politiker

Mit Spannung wird die Entscheidung zum Verkauf der Stadtbibliothek an HBB in der heutigen Gemeinderatssitzung erwartet. Trotz aller Diskussionen im Vorfeld: Vielen Stadträten ist wichtig, dass sich die Innenstadt weiterentwickeln kann.

VS-Schwenningen. In der Zwischenzeit hat die Verwaltung einen Vorstoß zum Verkauf der Bibliothek gemacht: Am Montag hatten Dieter Kleinhans, Leiter des Amtes für Gebäudewirtschaft und Hochbau, JuBiS-Leiter Stefan Assfalg sowie Bibliotheks-Leiter Volker Fritz die Gemeinderäte zu einer Führung durch das Gebäude eingeladen, berichtet Madlen Falke, Pressesprecherin bei der Stadt, auf Anfrage. Ins Visier seien unter anderem die defekte Lüftung und die fehlende Barrierefreiheit genommen worden. "Es wurde deutlich, dass definitiv investiert werden muss", sagt Falke. So macht es auch die Verwaltungsvorlage deutlich: Wenn die Bibliothek nicht an HBB verkauft wird, muss sie saniert werden.

Doch soweit muss es nach neuesten Aussagen der Gemeinderatsfraktionen womöglich gar nicht kommen: Nicht einheitlich, aber mehrheitlich werde die CDU-Fraktion für die Verlagerung der Bibliothek ins Forum Schwenningen und somit für den Verkauf der Gebäudeanteile der Stadt stimmen, berichtet deren Vorsitzende Renate Breuning. Die Diskussion um die Bücherei sei für sie aber zweitrangig. Viel wichtiger sei, durch den Beschluss die Veränderung am Muslenplatz und somit für die gesamte Innenstadt voranzutreiben. "Die Bibliothek wirkt wie ein Riegel am Ende des Platzes, der im Weg steht", erklärt die Fraktionsvorsitzende. Durch ein einladendes und modernes Entrée könne man Schwenningen etwas Gutes tun, das durch eine Sanierung nicht möglich sei. Das sei auch bei der Begehung am Montag deutlich geworden.

Angetan zeigt sich Breuning auch von den Skizzen der HBB, die Bibliothek ins Forum zu integrieren. Der Aufbau sei mit dem der Bibliothek im Forum Hanau zu vergleichen. Breuning bedauert, dass bei der Exkursion nicht mehr Gemeinderäte mitgekommen waren. Sonst könnten jene sich bestimmt besser vorstellen, wie die Schwenninger Variante wirklich gestaltet werden soll.

Eine Vorstellung davon hat zumindest auch Frank Banse, stellvertretender SPD-Fraktionsvorsitzender. In Hanau hätten die Räte gesehen, wie eine moderne Mediathek in einem Einkaufscenter funktioniert. Die Fraktion sei dafür, die einmalige Chance zu nutzen und 130 000 Euro Kosten mehr als bei einer Sanierung zu investieren. Beim Ortstermin seien sich alle einig gewesen, dass die bisherige Bibliothek zwar schön, aber nicht mehr zeitgemäß ist, sagt Banse. Die SPD favorisiere zudem die "große Lösung", den Frontbereich ganz neu zu planen. Die dortigen Händler profitierten davon, ins Forum zu wandern, ist er sich sicher.

Keinen Beschluss, sondern eine "Absichtserklärung" möchte die Grünen-Fraktion in der heutigen Sitzung zum Verkauf der Bibliothek abgeben, sagt der Vorsitzende Joachim von Mirbach. Den Grünen sei wichtig, dass HBB weiterplanen kann. Die Vorlage leiste ein gutes Angebot, eine moderne Mediathek am nahezu gleichen Ort wie bisher zu haben. "Deshalb können wir uns damit anfreunden." Wie groß der Sanierungsbedarf vor allem durch den Brandschutz sei, sei wohl keinem vorher bewusst gewesen.

Auch für den FDP-Fraktionsvorsitzenden Frank Bonath geht es nicht um die Bibliothek an sich, sondern um "die große Chance für die Schwenninger Innenstadt". Der Gemeinderat habe den Investor HBB im vergangene Sommer mit der Auflage ausgewählt, die Innenstadt wiederzubeleben. Eine Anbindung sei aber nur möglich, wenn die Bibliothek aufgegeben und das Gebäude baulich verändert wird. "Das ist eindeutig, darüber darf es keine Diskussion geben", sagt Bonath, und fordert die Stadträte gleichzeitig zu einer Beschlusswilligkeit auf: "Die Stadt braucht das Einkaufszentrum mehr als das Einkaufszentrum die Stadt." Darum, zu entscheiden, was mit den Miteigentümern geschieht, gehe es momentan noch nicht. Noch uneins ist indes die Fraktion der Freien Wähler: "Wir warten ab, was HBB erzählt", sagt der Vorsitzende Erich Bisswurm. Auch er sei noch offen, wenngleich er den Ortstermin genutzt hatte, um sich ein Bild von der Bibliothek zu machen. "Es tut weh, wenn ein altes Gebäude abgerissen wird", kommentiert Bisswurm aber.