An der Grenze zur Trance während musikalischer Improvisation im halbdunklen Hinterbühnenraum: Das Ausloten solcher Grenzgebiete wie 2013 mit Steve Healther (links) und Thomas Meadowcroft ist auch im neuen Programm ein Thema. Foto: Trenkle Foto: Schwarzwälder-Bote

Auftakt im Oktober mit Kultgruppe "Radian" aus den 90er-Jahren / Multimediales Spielfeld

Von Wolfgang Trenkle

VS-Villingen. Die so genannte "Kernmacherei", ein inzwischen weit über Villingen-Schwenningen hinaus bekanntes multimediales Spielfeld für experimentelle Musik, Elektro-Performance und kybernetische Kaleidoskope geht im Oktober in ihre fünfte Saison.

Auch diesmal ist die ungewöhnliche Atmosphäre des Hinterbühnenraums im Theater am Ring Kulisse für interessante Musikspektakel. Veranstalter Jürgen Palmtag und Emmerich Györy haben in Zusammenarbeit mit dem Amt für Kultur vier weltweit in der Szene bekannte Künstler und Gruppen gewonnen.

Los geht es am Freitag, 23. Oktober, mit der Gruppe "Radian". Sie trat bereits in den späten 90er-Jahren an, um Rockmusik mit Instrumenten und Methoden der experimentellen Elektronik weiterzuspinnen. Mit Erfolg. Eine ganze Reihe jüngerer Bands folgte den Wegbereitern und orientierte sich an deren Ästhetik, akustische und elektronische Musik auf organische Weise zu verschmelzen. Beim Auftritt in Villingen mit Martin Brandlmayr, Schlagzeug, Samples und Editing, Bassist John Norman und Martin Siewert, Gitarre und Electronics, kehrt die Gruppe "Radian" zu ihren Anfängen zurück. "Sie bewegen sich zwischen Analogem und Digitalem, Ausbruch und Konzentration, Explosion und Implosion, zwischen einer großen dynamischen Bandbreite und dem Mut zur Stille", erklären Palmtag und Györy im Ausblick auf das Konzert.

Am Samstag, 12. Dezember, geht es weiter mit Frieder Butzmann. Der Klangexperimentator nennt sich selbst einen "Crachmacheur". Das "Machen" passt ganz gut zur Kernmacherei – eine Programmüberschrift, die sich einst Jürgen Palmtag einfallen ließ: "Da geht es um den Kern von etwas." Butzmann hinterließ als Pionier elektronischer Musik zahlreiche Spuren in Kunstmetropolen von Berlin bis New York im Museum of Modern Art.

Norbert Möslang zählt zu den bedeutendsten Vertretern der Improvisationsmusik – egal ob mit dem legendären Duo "Voice Crack" oder als Solokünstler. In seinen Performances manipuliert und entfremdet der Schweizer elektronische Alltagsgegenstände, indem er die Schaltkreise "knackt" und neu verbindet. So entstehen Töne, die, einmal verstärkt, in eine unerforschte Klangwelt entführen. Am Freitag, 4. März, gastiert er in der Kernmacherei.

Wiederum ein Freitag, dann der 15. April, bilden Antoine Schmitt & Franck Vigroux mit ihrer audiovisuellen Performance "Tempest" (Sturm) den saisonalen Abschluss. Schmitt versucht in seiner kybernetischen Kunst, die dynamische Interaktion zwischen Mensch und Natur zu ergründen. Er programmiert Algorithmen, in denen sich zunächst Abermillionen kleinster Partikel im Chaos bewegen. Vigroux macht dieses Ur-Rauschen mit einem analogen Instrumentarium hörbar. Nach und nach entstehen Symmetrien und Strukturen, die kulminieren, zerfallen und sich neu erfinden.

Beginn ist jeweils um 20 Uhr.