Der Wassermeister der SVS, Joachim Grüßer, nimmt eine Wasserprobe und ermittelt deren Chlorgehalt. Foto: Seiis

Erst durch Probereihe wird die Grenzüberschreitung festgestellt. Jochen Früh: "Keime machen nicht krank".

VS-Schwenningen -  Wie der Schwarzwälder Bote jetzt erfuhr, wurde im Zuge eines früheren Falls von mikrobiologischer Verunreinigung des Trinkwassers in einem Schwenninger Seniorenheim die jüngste Grenzüberschreitung der coliformen Keime festgestellt.

Die Nachricht über die Wasserverunreinigung beschäftigt seit Donnerstag besonders die Schwenninger Bevölkerung (wir berichteten). Bei der Ursachenanalyse lässt jetzt ein Fall aus dem AWO-Seniorenzentrum Am Stadtpark aufhorchen, der bereits seit Anfang Juni akut ist: Wie ein Aushang vom 2. Juni in den dortigen öffentlichen Toiletten, Umkleideräumen und Küchen deutlich macht, habe bei einer routinemäßigen Untersuchung der Laborbefund eine mikrobiologische Verunreinigung des Trinkwassers angezeigt. Das Gesundheitsamt ordnet mit dem Abkochen von Wasser diejenige Maßnahme an, die auch für den jüngsten Fall, der am Donnerstag für Schwenningen und umliegende Gebiete bekannt wurde, gilt.

Doch gibt es einen Zusammenhang zwischen beiden bakteriellen Verunreinigungen? "Wenn Keime gefunden werden, ist zunächst davon auszugehen, dass nur der jeweilige Hausanschluss betroffen ist und nicht gleich das gesamte Trinkwassernetz geschlossen werden muss", erklärt Jochen Früh, Leiter des Gesundheitsamts VS. Daher müssten die beiden Vorfälle getrennt voneinander betrachtet werden.

In einer nicht unbedeutenden Verbindung stehen sie aber dennoch: In zwei Krisensitzungen hätten Gesundheitsamt und Stadtwerke beschlossen, eine – im Gegensatz zu den sonstigen Routineuntersuchungen – intensive Probeserie von einem extern beauftragten Labor anzusetzen, die den möglichen punktuellen Befall für das gesamte Stadtgebiet klären soll. Diese Abklärung dauere stets einige Wochen, da im Abstand von einigen Tagen die Proben entnommen würden, berichtet der Gesundheitsamtsleiter.

Bei der Probe vor rund drei Wochen seien noch keine Keime im Stadtnetz gefunden worden, beim Befund in dieser Woche, der den Stadtwerken am Mittwochabend mitgeteilt wurde, dann zum ersten Mal. "Dann mussten wir natürlich schnell reagieren", meint Früh in Bezug auf die Maßnahmen für die Bürger einerseits und für die Stadtwerke – sie desinfizieren die betroffenen Leitungsnetze – andererseits.

Wie auch im jüngsten Fall liegt die Ursache für die Grenzüberschreitung der Werte im Seniorenheim im Juni mitunter an den Temperaturen. "Die Keime sind durch ungünstige Temperaturbedingungen im Netz entstanden und haben sich im Heimanschluss festgesetzt."

Durch die Unruhe, die die Neuigkeit in der Bevölkerung ausgelöst hat, warnt der Gesundheitsamtsleiter vor unnötiger Panikmache: "Es sind coliforme Keime, sie machen nicht krank." Sie seien keine Erreger, sondern lediglich Indikatororganismen für die Wasserqualität. "Wir haben derzeit ein verwundbares Netz, das gereinigt werden muss", fasst Früh zusammen.

Doch wie wären die Zuständigen den Keimen auf die Spur gekommen, wenn der Fall aus dem Seniorenheim nicht eingetreten wäre und auch nicht zu einer intensiveren Beprobung geführt hätte? Eine Antwort war am gestrigen Freitag vonseiten der SVS nicht zu bekommen. Auch das AWO-Seniorenzentrum wollte urlaubsbedingt keinerlei Stellung beziehen.

In den sozialen Medien kocht das Thema weiterhin hoch: "Der eigentliche Skandal ist doch bei der Trinkwasserverunreinigung, warum wurden wir hier nicht sofort informiert?", schreibt der Schwenninger Café-Inhaber Frank Singer auf Facebook-. Er sei am Donnerstag bereits um 8.30 Uhr morgens von einem weiteren Schwenninger Gastronomen informiert worden, die Bevölkerung von den SVS jedoch erst um 14.30 Uhr.

Betroffen ist auch Maria Noce, Geschäftsführerin der christlich-ambulanten Pflege VS: "Ich kann nicht meinen Pflegekräfte zumuten, dass sie Wasser abkochen. das wird teuer, wenn es noch lange geht." Ein weiterer Nutzer erinnert sich an den Trinkwasserbrunnen auf der Möglingshöhe, der seit mehreren Tagen stillgelegt ist, und vermutet daher, dass die SVS doch schon länger von den erhöhten Werten gewusst haben muss. "Davon ist uns nichts bekannt", sagt SVS-Pressesprecherin Susanna Kurz. Es bestehe kein Zusammenhang zwischen dem Brunnen und der erforderlichen Chlorung.

Indes wird die Chlorung derzeit von den SVS überprüft. Wassermeister Joachim Grüßer nimmt hierzu eine Probe aus dem Wassernetz der SVS. Photometrisch wird dann der Anteil des Chlors im Trinkwasser gemessen. Der Wert, den der Wassermeister erhält stimmt ihn positiv: "So langsam wirkt das Chlor. Das ist erfreulich. Es tut sich was im Netzt und wir kriegen das in den Griff", bilanziert er am gestrigen Freitagnachmittag während der Kontrolle.