Klier-Mitarbeiterin gruppiert Salonleiterinnen zu gering ein / Kritik an Tarifvertrag

Von Uwe Klausner

Villingen-Schwenningen. Auf diesen Urteilsspruch hat die Friseurbranche elf Prozesstage gewartet. Eine Regionalverantwortliche für die Friseur Klier GmbH ist gestern vom Schöffengericht Villingen-Schwenningen zu einer Geldstrafe von 17 850 Euro verurteilt worden.

Die zu niedrige Eingruppierung ihrer Mitarbeiterinnen ist der 37-Jährigen zum Verhängnis geworden. Die Folge: Zu wenige Sozialabgaben an die Krankenkassen wurden abgeführt. Das ist strafbar. Das Gericht verurteilte die Friseurmeisterin wegen Sozialversicherungsbetrugs in 17 und Vorenthalten von Arbeitnehmeranteilen zur Sozialversicherung in 222 Fällen. In den übrigen Fällen der Anklage wurde sie freigesprochen. Der Schaden für die Sozialversicherung betrug 37 000 Euro. Die Staatsanwaltschaft Konstanz war in ihrer Anklageschrift ursprünglich von knapp 200 000 Euro ausgegangen.

Bei den Fällen handelte es sich um Friseurmeisterinnen, die nicht dem in Baden-Württemberg allgemeinverbindlichen Tarifvertrag entlohnt wurden. Salonleiterinnen, die einen Meistertitel führen, müssen "ohne Wenn und Aber" in der für sie vorgesehen Stufe fünf eingruppiert werden, stellte Richter Christian Bäumler klar.

Das Schöffengericht unter seinem Vorsitz sah keinen Ermessensspielraum. Ob ein Verfahren gegen den Geschäftsführer Michael Klier eröffnet wird, ließ der Richter offen. Bäumler rügte überdies die Geschäftspolitik der Friseurkette.

Das Geschäftsmodell der Friseurkette Klier gehe davon aus, dass 15 Prozent des Umsatzes eines Friseursalons für Materialkosten und 45 Prozent für Personalkosten ausgegeben werden, so dass eine Umsatzrendite von 40 Prozent erzielt wird, erklärte Bäumler. Hieran habe sich die Angeklagte halten wollen. Die Regionalleiterin habe das System gekannt. Sie habe erheblichen Druck auf Mitarbeiterinnen ausgeübt, um die betriebswirtschaftlichen Ziele zu erreichen, meinte die Staatsanwältin.

Auch die Verteidigung sprach von einem "straff durchorganisierten Laden". Die Angeklagte sei jedoch nicht mit Klier gleichzusetzen, denn das Unternehmen sei über Deutschland hinaus tätig und habe mehr als 100 000 Filialen.

Die 37-Jährige sei zwar bei der Firma Klier groß geworden, sie sei aber nicht Geschäftsführerin und habe keine Prokura. Zudem sei sie Regionalleiterin für Baden-Württemberg, Bayern und Thüringen. Sie sei für einen Umsatz von rund 2,5 Mio. Euro verantwortlich.