Abteilungskommandanten der Schwenninger Wehr ziehen Bilanz nach Meku-Brand / Einsatz birgt viele Risiken

VS-Schwenningen. Seit 27 Jahren sind Thomas Nagel und Christian Krause in der Einsatzabteilung der Schwenninger Feuerwehr aktiv. Erlebt haben die 45-Jährigen in dieser Zeit vieles, doch der Meku-Brand am Montag war eine besondere Herausforderung. Mit ein paar Tagen Abstand blicken die Abteilungsleiter der Schwenninger Wehr im Gespräch mit dem Schwarzwälder Boten zurück auf einen Einsatz mit vielen Gefahren, Temperaturen von bis zu 1000 Grad Celsius – und einen besonders flinken Baggerfahrer.

Herr Nagel, Herr Krause, der Montag sollte für Sie und Ihre Kameraden kein gewöhnlicher Tag werden. Womit waren Sie beschäftigt, als der "Piepser" Sie um 8 Uhr zum Einsatz rief.

Krause: Ich war gerade an meinem Arbeitsplatz. Kaum machte ich mich auf den Weg, sah ich am Himmel schon diese dunkle Rauchwolke. Da war klar, dieser Einsatz würde länger dauern. Nagel: Als der Melder ging, war ich in meinem Home-Office. Den Rauch habe ich aber erst gesehen, als wir mit dem Einsatzfahrzeug die Spittelstraße hinunter fuhren.

Was geht einem Abteilungskommandanten durch den Kopf, wenn er auf diesen Großbrand zurast?

Nagel: Ich habe gehofft, dass keine Mitarbeiter im Brandraum sind. Dazu fragt man sich, welche Materialien brennen, ob das Lager oder die Produktion betroffen ist und wie viele Kräfte nachgefordert werden müssen.

Welches Ausmaß hatte das Feuer erreicht, als Sie am Brandort ankamen?

Krause: Die Flammen drangen stellenweise durch das Dach. Wir mussten erst noch zwei Mitarbeiter aus einem anderen Teil der Halle holen. Diese hatten von dem Brand gar nichts mitbekommen. Nagel: Das Feuer muss sehr schnell sehr heiß geworden sein. Wir waren erst 20 Minuten vor Ort, als es in der Stahlwand schon die ersten Verformungen gab. Später sah ich am Boden liegende Stahlträger, die über Meter hinweg rot glühten und nicht nur geknickt, sondern verdreht waren. Da drin herrschten bestimmt um die 1000 Grad.

Zunächst war unklar, ob durch den brennenden Kunststoff giftige Gase austreten, was sich später nicht bestätigte. Inwieweit birgt das für die Feuerwehr eine Gefahr?

Krause: In diesem Fall hatten wir Glück. Der Rauch ging fast senkrecht nach oben. Bei einer anderen Windrichtung hätten auch unsere Maschinisten, die nicht direkt den Brand bekämpfen, Atemmasken aufziehen müssen.

Drei Stunden dauerte es, bis die Feuerwehr den Brand unter Kontrolle brachte. Was waren bis dahin die größten Herausforderungen?

Krause: Das wichtigste war, dass sich das Feuer nicht auf die anderen Teile der Halle und Nachbargebäude ausbreitet. Ein Glück war, dass die brennende Halle keine Fensterfront hatte. Sonst wären die Scheiben zerplatzt und die Wärme hätte sich auch zur Seite in Richtung der Nachbargebäude ausgebreitet. Das wäre bei dieser engen Bebauung gefährlich geworden. So aber entschwand die Hitze nach oben. Nagel: Probleme bereitete uns die Bauweise aus Stahl. Dadurch kann die Halle ohne Vorwarnung zusammenstürzen. Bei Holz beispielsweise kann man eher abschätzen, was passiert. Nachdem die Decke eingestürzt war, kamen wir mit dem Wasser nicht mehr an die Flammen. Dazu schloss sich ein Brandschutztor in der Halle nur teilweise, sodass dieser Bereich mit einem C-Rohr in Schach gehalten werden musste. Hätten die Brandschutzwände ihren Dienst sonst nicht getan, wäre die ganze Halle nicht zu retten gewesen. Das Feuer wäre einfach durchmarschiert.

Der Brand war bis 13 Uhr gelöscht, der Einsatz dauerte aber bis Dienstagabend gegen 18 Uhr. Was gab es bis dahin noch zu tun?

Krause: Nachdem alle Glutnester gelöscht waren, mussten aus der Halle Trapetzblech von der Dachkonstruktion und Spritzgussformen gezogen werden. Ein Bagger gab dabei den Geist auf, was zu Verzögerungen führte. Später kam ein Baggerführer, der bei "Wetten, dass...?" mit seiner "Emma" schon Eier gestapelt hat. Der hatte seinen Bagger im Griff, das war unglaublich.

Alle 170 Einsatzkräfte, darunter 115 Feuerwehrleute, haben den Einsatz unbeschadet überstanden. Wie zufrieden sind Sie mit Ihren Kameraden?

Nagel: An der Einsatzstelle wurde ohne Hektik gearbeitet, die Mannschaft hat die Einsatzaufträge zügig ausgeführt. Das ist sehr lobenswert. Wir sind froh, dass nichts passiert ist, schließlich lag viel scharfkantiges Material herum, dazu waren die Temperaturen an einem sowieso warmen Tag enorm. Und nach einer Weile spürt man natürlich auch seine Beine. Tolle Unterstützung haben wir erfahren durch das Rote Kreuz, das uns ebenso wie das Culinara mit Lebensmitteln versorgt hat. Auch die Firma Container Schlenker sowie die Baggerbetriebe Mayer und Hohensee haben uns wertvolle Hilfe geleistet. Nicht vergessen darf man auch die Arbeitgeber, die den ganzen Tag auf unsere Kameraden verzichten mussten.

Gab es in Ihrer Zeit bei der Feuerwehr vergleichbare Brände?

Krause: Dieser ist vom Ausmaß her schon mit oben anzusiedeln. Das letzte Großbrand war beim Möbeldiscounter Poco im Jahr 2008, davor gab es mehrere Feuer in den 1990, beispielsweise in einer Lackiererei im Grabenäcker 1999 oder natürlich den Großbrand des Kaufrings Ende 1990.

Dieser Montag wird Ihnen also sicherlich in Erinnerung bleiben.

Nagel: Ja, vor allem weil es 1972 – also vor unserer Zeit – an selber Stelle schon einmal gebrannt hat. Krause: Richtig, mein Vater war damals bei der Feuerwehr und erzählte oft, dass sie das Wasser auch aus dem Freibad geholt hätten. Da dachte ich, so etwas würden wir heute nie erleben. Jetzt wurde ich eines Besseren belehrt.

u Die Fragen stellte Andreas Hennings.