Hinter dem Rathaus geht es in diesen Tage zur Sache. Am Donnerstag wurden die Rohre für die Kanalsanierung geliefert. Foto: Kratt

Rund um Marktplatz rollen Bagger. Verkehrschaos bleibt aus. Dennoch Sturm der Entrüstung. Mit Kommentar

VS-Schwenningen - Seit Dienstag rollen rund um den Marktplatz die Bagger. Das befürchtete Verkehrschaos ist bisher ausgeblieben. Vielmehr macht den Anliegern die Parkplatzsituation zu schaffen.

Die Straßenoberfläche in der oberen Marktstraße ist aufgefräst, gestern Vormittag hievte ein Bagger der zuständigen Baufirma Schöppler die Betonrohre für die neuen Kanäle vom Lastwagen in die Baustelle hinein. Wie berichtet, werden zunächst die Kanäle, dann die Straße erneuert.

Umleitungsbeschilderung Richtung Marktplatz fehlt

Dass die obere Marktstraße nicht befahrbar und somit die Durchfahrt zum Marktplatz nicht möglich ist, wird den Autofahrern am Rösslekreisel angekündigt. Wer Richtung Dauchingen fahren möchte, so berichtet es Stadtpressesprecherin Oxana Brunner, werde über die Rottweiler, See- und Spittelstraße geleitet. Staus wie im vergangenen Herbst in der Marktstraße sind also bisher ausgeblieben. Autofahrer aus dieser Straße kommend werden südlich des Rathauses nach links Richtung Kirch- und Kronenstraße weitergeleitet.

Aber dann? Eine weitere Umleitungsbeschilderung fehlt. So wird der eine oder andere – auswärtige – Autofahrer Schwierigkeiten haben, sich einen Weg Richtung Marktplatz durch Jäger- und Bürkstraße zu bahnen.

Schwierigkeiten bei der Zufahrt zum Geschäft haben auch die Anlieger rund um den Marktplatz: "Wir schleichen uns morgens über den Marktplatz hinein", sagt ein Mitarbeiter des Optikers Linder. "Und wissen momentan auch noch nicht, wie sich das Ganze entwickelt." Die Zufahrt zum Hof mit drei Stellflächen sei derzeit also noch möglich, er rate den Kunden, vorher anzurufen, ob die Parkplätze frei seien.

Er habe mit dem Bauleiter abgesprochen, dass er über den Marktplatz zum Stellplatz neben das Sparland, das sein Vater betreibt, fahren dürfe, berichtet Verkäufer Dorgan Yüksel, der sich mit der Inhaberin der Stickerei auf der Marktplatzseite gegenüber austauscht. Sie sei zwar momentan noch nicht betroffen, möchte aber Vorkehrungen treffen: "Ich hoffe auf die Wirtschaftsförderung und möchte wegen der Parkscheine ein Treffen organisieren", meint die Inhaberin. Es könne nicht sein, dass sie täglich Geld zum Parken ausgibt, weil ihre eigentliche Stellfläche nicht befahrbar ist.

In der Info-Veranstaltung für Anwohner in der vergangenen Woche hatte Susanne Orlowski von der Wirtschaftsförderung angeboten, zu klären, ob eine kostenlose Parkplakette für Anwohner und Anrainer während der Bauphase möglich ist.

Das Thema sei noch nicht beendet, sagt Orlowski, die gestern vor Ort war, um mit den Händlern zu sprechen. "Wir sind auf der Suche nach einer Lösung", fügt sie hinzu. Derweil verweist Pressesprecherin Oxana Brunner auf den Sachstand, den Baubürgermeister Bührer in der vergangenen Gemeinderatssitzung erläutert hatte: Zeitlich befristete Parkberechtigungsscheine seien für die Verwaltung nicht handhabbar.

In einer internen Verwaltungssitzung sei gestern Nachmittag jedoch besprochen worden, so Brunner weiter, dass die Fläche links neben der Wilhelmspflege in der Metzgergasse spätestens Ende kommender Woche als Parkersatzfläche genutzt werden könne. Derzeit lagert die Baufirma Storz ihre Materialien auf dem Gelände, räumt es aber in den nächsten Tagen. Zehn bis zwölf Stellplätze stünden dann zur Verfügung – allerdings kostenpflichtig mit Parkscheinautomat.

Sie wisse zudem natürlich, dass es in den Geschäften zu Einbußen kommen wird, meint Susanne Orlowski. Als weitere Maßnahme werde die Wirtschaftsförderung Schilder platzieren, die auf die einzelnen Geschäfte hinweisen. Doch das reicht vielen Händlern nicht: Er habe bereits 30 Prozent Umsatzverluste, sagt Dorgan Yüksel. Laufkundschaft käme nach wie vor, durch die fehlenden Parkplätze blieben aber Kunden mit größeren Kaufabsichten fern. Er kritisiert zudem, dass er keine Paletten-Lieferungen vor dem Geschäft mehr annehmen könne. "Ein LKW kommt hier nicht durch."

Auch im Lotto-Totto-Kiosk sowie im Handy-Geschäft weiter unten machen sich die Baumaßnahmen bemerkbar. "Ich lebe von den Parkplätzen", meint dessen Inhaber und verweist darauf, dass zudem bald alle Stellplätze am Marktplatz wegfielen. In den vergangen Tagen seien nur zwei Kunden gekommen. Er habe bereits überlegt, sein Geschäft dicht zu machen.

Jeder Abschnitt rund eine Woche nicht anfahrbar

Und wie lange dauern die Einschränkungen an? Bei den Arbeiten zur Kanalerneuerung handele es sich um Wanderbaustellen, berichtet Pressesprecherin Oxana Brunner. Es werde immer einige Meter am Stück saniert und der Kanal erneuert, dann ziehe die Baustelle ein Stück weiter. Während der Teilabschnittsarbeiten werde die Zufahrt für Anlieger und Gewerbetreibende an jedem Abschnitt voraussichtlich für eine knappe Woche nicht möglich sein. Die Anwohner würden rechtzeitig von der Baufirma informiert.

Kommentar: Mehr Toleranz

Von Mareike Kratt

Kaum haben die Arbeiten des zweiten Bauabschnitts bei der Marktplatzsanierung begonnen, wird der erste Unmut von Anwohnern und Händlern laut. Neben Baulärm beklagen sie Umsatzverluste sowie fehlende Parkplätze. Eine bittere Pille für manch kleinen Einzelhändler am Marktplatz, wenn er die Nebenwirkungen gleich in den ersten Tagen zu spüren bekommt. Klar war aber im Vorhinein: Wenn Schwenningen attraktiver werden soll, müssen die Bürger für eine bestimmte Zeit in den sauren Apfel beißen und die Baumaßnahmen über sich ergehen lassen. Dass es zu Einschränkungen kommen wird, hatte die Stadt von Anfang an kommuniziert. Deshalb ist es wichtig, dass beide Seiten – Stadt und Bürger – aufeinanderzugehen und zu Kompromissen bereit sind. Eine praktikable Lösung für das Parkplatzproblem wäre dabei ein Schritt in die richtige Richtung.