Auch 08-Spieler Ali Günes konnte die magere Ausbeute für sein Team in Pforzheim nicht fassen. Foto: Eibner

Oberliga: Villingen spielt in Pforzheim nur 1:1. Trainer Martin Braun wirkt etwas ratlos. Mit Spielerstimmen und Kommentar.

Kickers Pforzheim – FC 08 Villingen 1:1 (0:0). Die Krise beim FC 08 Villingen hält weiter an. Aus einem vorher sicher geglaubten Dreier bei der neu zusammengestellten Mannschaft der Pforzheimer Kickers wurde für die Villinger nur ein mageres Remis.

Die Villinger haben damit im Kampf um den Klassenerhalt nicht für den Befreiungsschlag sorgen können. "Wenn wir gegen diesen Gegner nicht gewinnen, dann haben wir es auch nicht verdient, in der Oberliga zu spielen", hatte es 08-Routinier Jago Maric noch 48 Stunden vor der Partie in Pforzheim drastisch ausgedrückt. Und wie er dachten wohl einige im Umfeld des FC 08. Gegen eine Mannschaft, die zuletzt in zwei Spielen 13 Gegentore kassiert hatte, die in der Winterpause per "Casting-Einheiten" mit vielen unterklassigen Spielern neu zusammengestellt wurde und bei der in der Vierer-Abwehrkette mit den Brüdern Mutz Akteure am Samstag spielten, die in der Vorrunde noch bei einem B-Ligisten aktiv waren, muss einfach gewonnen werden.

Doch die Wahrheit liegt bekanntlich nur auf dem Platz. Dies mussten vorgestern auch die Villinger erfahren. "Für einige Spieler von uns war offenbar der Druck zu groß, der auf ihnen lastete", stellte 08-Coach Martin Braun nach dem Schlusspfiff ernüchtert fest. Er wirkte etwas ratlos angesichts der mageren Darbietung seines Teams gegen einen spielerisch limitierten Gegner. Doch die Pforzheimer hatten dem 08-Team etwas Entscheidendes voraus. Sie zeigten Leidenschaft, jede Menge Kampfgeist und zeichneten sich auch durch eine sehr gute Körpersprache aus. Das Villinger Spiel neigte eher dazu, über die 90 Minuten auch als lethargisch bezeichnet zu werden.

Martin Braun hatte sein Team, auch zwangsweise, gegenüber dem verlorenen Heimspiel gegen Freiberg umgekrempelt. David D`Incau fiel ebenso mit muskulären Problemen aus wie Daniel Wehrle. In der Startformation tauchte Benedikt Haibt auf der linken Abwehrseite auf – Tobias Weißhaar war im Mittelfeld nominiert, neben ihm kehrte Christian Jeske wieder zurück. Ali Günes war ebenso als zweite Angriffsspitze neben Kai Brünker von Beginn an dabei. Martin Braun wollte sein Team offensiver als in den vergangenen Partien operieren lassen.

Nach bereits 14 Minuten gab es jedoch eine Umstellung. Weißhaar musste mit einem Muskelfaserriss in der Wade aus dem Spiel – der eingewechselte Erik Raab kam für ihn und spielte links hinten. Haibt hingegen rückte dafür wieder ins offensive Mittelfeld.

Wer geglaubt hatte, die Nullachter würden gleich die Spielkontrolle übernehmen, sah sich getäuscht. Die Kickers hatten bei guten Distanzschüssen durch Günasan (10.) und Schneider (14.) ihre ersten Chancen.

Die Villinger gingen dann aber in der 28. Minute durch einen Kopfball von Dragan Ovuka mit 1:0 in Führung. Per Freistoß hatte ihn Christian Jeske bedient. Dieses Erfolgserlebnis zu einem günstigen Zeitpunkt verlieh dem Villinger Spiel aber keine Sicherheit. Zudem taten die Gäste auch in Sachen Laufbereitschaft zu wenig, um schnell das 2:0 nachzulegen.

Nach dem Seitenwechsel waren fünf Minuten gespielt, als die Kickers zum 1:1 ausglichen. Cillidag hatte sich bis zur Torauslinie durchgearbeitet. Sein Rückpass schloss der völlig freistehende Schneider aus acht Metern erfolgreich ab.

Auch in der Folgezeit bekam der FC 08 das Spiel nicht vollständig unter Kontrolle. Spielerische Probleme wurden auf beiden Seiten, auch bedingt durch einen holprigen Untergrund, sichtbar. Beide Teams hatten jedoch in den Schlussminuten Chancen zum Sieg. Der eingewechselte Alexandar Novakovic scheiterte in der Nachspielzeit am Pforzheimer Schlussmann Breymaer – im Gegenzug hatten die Gäste Glück, als Cillidag seine Möglichkeit nicht nutzen konnte. Es blieb beim 1:1.

Spannend ist nun die Frage, wie die 08-Verantwortlichen auf die anhaltende Krise reagieren werden. Präsident Leo Grimm hatte für den Fall, dass in Pforzheim nicht gewonnen wird, interne Gespräche angekündigt. Gaetano Cristilli, der Geschäftsführer der Nullachter, nimmt Coach Martin Braun in Schutz: "Die Leistung einiger Spieler, die Ansprüche stellen, war in Pforzheim eine Katastrophe. Das war nicht die Schuld des Trainers. Ich gehe fest davon aus, dass Martin Braun auch am Mittwoch beim Pokalspiel gegen Bahlingen und am Samstag im Heimspiel gegen Aalen II das Team betreut. Dies ist meine persönliche Meinung", meinte gestern Gaetano Cristilli.

Trainerstimmen:

Martin Braun, FC 08 Villingen: "Natürlich ist die Enttäuschung bei uns groß. Wir haben nicht die Leistung gebracht, damit wir das Spiel hätten unbedingt gewinnen müssen. Mit so einer Leistung werden wir es in den kommenden Spielen schwer haben. Wir hatten nach der 1:0-Führung das Problem, dass wir nicht das 2:0 gemacht haben, wobei es aus meiner Sicht eine strafstoßwürdige Situation gegen Marcel Simsek in der 70. Minute gab. Wir waren aber insgesamt die bessere Mannschaft mit den besseren Chancen. Beide Teams mussten mit schwierigen Platzverhältnissen klarkommen, machten aus diesem Grund auch einige Fehler."

Alexander Freygang, Kickers Pforzheim: "Meine Mannschaft hat sich nach schwierigen Wochen den Punkt mehr als verdient, denn sie hat alles dafür gegeben. Meine Spieler haben gegen Villingen das absolute Maximum abgerufen. Am Ende hatten beide Mannschaften noch gute Chancen zum Sieg."

Spielerstimmen:

Benedikt Haibt, FC 08 Villingen: "Wir haben ein schlechtes Spiel abgeliefert. Nach der 1:0-Führung hätte bei uns mehr Sicherheit reinkommen müssen, aber wir hatten dann zu viele Fehler und Ballverluste sowie Probleme bei den zweiten Bällen."

Dragan Ovuka, 08-Torschütze: "Mir fällt bald zu unseren Leistungen nichts mehr ein. Wir machen das 1:0 und alles kann für uns laufen, doch dann pennen wir kurz nach Wiederbeginn und kassieren das 1:1. Jeder muss sich in der Mannschaft hinterfragen, ob er alles für den Erfolg tut. Spieler wie Markus Knackmuß und Jago Maric sind für mich große Vorbilder, so wie die sich reinhauen."

Kommentar: Stuhl wackelt

Gunter Wiedemann

Der FC 08 Villingen hat die klare Vorgabe von Präsident Leo Grimm in Pforzheim nicht erfüllt. "Nur ein Sieg zählt", hatte Grimm im Vorfeld in einem Interview mit unserer Zeitung betont. Am Ende sprang im Kellerduell ein bescheidenes 1:1 heraus, das den Trainerstuhl von Martin Braun wackeln lässt. Einige Zahlen und Fakten sprechen gegen den Ex-Profi. Nur 22 Punkte haben die Nullachter nach 27 Spieltagen auf dem Konto. Nicht nur Grimm vermisst bei einigen Spielern die notwendige Bereitschaft, sich wirklich gegen den Abstieg zu wehren. Braun, der sich große Verdienste bei den Villingern erworben hat, hat es in den vergangenen Wochen nicht geschafft, dass jeder Spieler in dieser kritischen Phase alles für den FC 08 einbringt. Ob der Coach das Ruder herumreißen kann, scheint fraglich. Das Aus für Braun wäre keine Überraschung.