Deutsch-französisches Seminar erzählt Geschichten aus dem Krieg in der Sprache des Friedens

Villingen-Schwenningen. Geschichten aus dem Krieg in der Sprache des Friedens zu erzählen, hatten sich die Organisatoren aus Deutschland und Frankreich für ihr gemeinsames Esperanto-Herbstseminar vorgenommen. Zum zweiten Mal in diesem Jahr war ihr Treffen zum Praktizieren der Esperanto-Sprache dem Gedenken an die "Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts" gewidmet.

Vor 100 Jahren fraß am Hartmannsweilerkopf ein grausames Abschlachten massenweise junges Menschenleben. Anschaulich schilderte der französische Deutschlehrer Edmond Ludwig aus dem elsässischen Münstertal die damaligen Schrecken. Er ist mit den Erzählungen aufgewachsen, die in seinem Dorf über den Ersten Weltkrieg heute noch lebendig sind. Mitten durch sein Heimatdorf ging die Frontlinie. Das Morden zerriss buchstäblich den einst beschaulichen Ort und seine Menschen in grausamer Weise mitten entzwei.

Der Autor Ed Borsboom aus den Niederlanden hat die Biographie des Esperanto-Lehrers Andreo Cseh geschrieben. Dieser hatte, modern für damals, gemeinsame Sprachkurse in direkter Methode für Menschen unterschiedlicher Muttersprachen gehalten. Während des Ersten Weltkriegs aber mussten alle Esperanto-Kurse Zwangspause einlegen.

Doch der Erfindungsgeist der Esperanto-Bewegung war nicht zu bremsen. Es waren Esperantosprecher der neutralen Schweiz, die einen Briefvermittlungsdienst zwischen Soldaten und ihren Angehörigen aus beiden verfeindeten Kriegslagern aufbauten. Diese praktische Hilfe in der Kriegsnot stellte die Lebenskraft der jungen "internationalen Sprache" und ihrer Sprechergemeinschaft unter Beweis.

Pfarrer Bernhard Eichkorn aus Villingen stellte Max Josef Metzger vor, einen Friedensmahner aus der Zeit der beiden Weltkriege. Aus dem engagierten jungen Priester, der sich freiwillig zur Betreuung der Frontsoldaten gemeldet hatte, wurde schnell ein glühender Pazifist. Er lernte Esperanto und erkannte das Potenzial, das darin für die Verständigung über Sprachgrenzen hinweg steckt. So setzte er Esperanto für die internationale Friedensarbeit ein. Ferner strebte er die Versöhnung zwischen den christlichen Konfessionen an und wurde zu einem Wegbereiter für die Erneuerungsschritte der katholischen Kirche im zweiten Vatikanischen Konzil.

Sein Geist der Versöhnung war den herrschenden Nationalsozialisten ein Dorn im Auge und machte Metzger zum Hassgegner. Die Formulierung eines Manifests für ein friedliches Deutschland nach dem Ende von Hitlers Krieg, das er aus Deutschland herausschmuggeln lassen wollte, kostete den mutigen Mann buchstäblich den Kopf. Der Märtyrer für den Frieden soll demnächst von der katholischen Kirche selig gesprochen werden.

Abgerundet wurde das Programm durch Musik: durch ein Konzert des Landeszitherorchesters und einen Esperanto-Liederabend, gestaltet von Christoph Frank aus Rottweil, der traditionelle internationale Volkslieder als Konzert und zum Mitsingen bot.

Weitere Informationen: http://esperanto-bw.de, http://esperanto-bw.de/sbh