Jubiläum in Villingen / 300 Gäste am Samstag bei Vereinigung zur Pflege von Kunst, Freundschaft und Humor

VS-Villingen. Eine ebenso ungewöhnliche wie rührige Vereinigung feiert am kommenden Samstag, 25. April, ihren Geburtstag: Die "Schlaraffia Ad Villingam" begeht im Münsterzentrum das 50-jährige Bestehen.

Schlaraffia? Dabei handelt es sich um einen weltweiten Männerbund, der sich der Pflege von Kunst, Freundschaft und Humor verpflichtet hat. Zum Jubiläum kommen nun fast 300 Gäste aus der ganzen Welt – anderem dem südafrikanischen Kapstadt – nach Villingen. Das Wort "Schlaraffe" stammt vom mittelalterlichen "Slur-Affe" ab, was "sorgloser Genießer" bedeutet.

Die Schlaraffia wurde 1859 in Prag gegründet, wo sich eine zunächst vorwiegend aus Künstlern bestehende Runde traf, die die Überheblichkeit des Adels und die Titelsucht des damaligen Beamtentums persiflierend aufs Korn nahm. Heute gibt es fast 11 000 Schlaraffen in 265 Städten (Reychen) auf der ganzen Welt, die sich im Winterhalbjahr wöchentlich treffen, um im Rahmen eines Ritterspiels, übrigens überall in deutscher Sprache, einen abwechslungsreichen Abend zu gestalten. Bei Festen und im Sommerprogramm sind dann auch die Frauen dabei.

Man nimmt sich selbstnicht allzu ernst

Man nimmt sich selbst nicht allzu ernst, streitet und spottet in Rede und Gegenrede zu verschiedensten Themen und gestaltet musikalische und literarische Beiträge. Politik, Religion und Geschäft bleiben draußen, wenn das Spiel im Zeichen des Wappentiers Uhu beginnt. Und: Gekämpft wird nur mit geistigen Waffen.

Die Sassen (Mitglieder) tragen kuriose Titel und Orden und benutzen etliche, altertümlich wirkende Begriffe, um das in der Ritterzeit angesiedelte Spiel zu unterstreichen. Auch für die Jahreszahlen gibt es eine eigene Rechnung – Jahr eins war das Gründungsjahr 1859, also befinden wir uns derzeit im schlaraffischen Jahr 156.

Die "Laufbahn" eines Schlaraffen beginnt als Pilger (Besucher). Nach seiner Aufnahme wird er Knappe, Junker und schließlich Ritter als den höchsten zu erreichenden Stand. Im Spiel legt er auch seinen "profanen", bürgerlichen Namen ab und erhält einen Schlaraffennamen, in dem meist spezielle Charakteristika der jeweiligen Person verewigt sind.

Die Geschichte der Villinger Schlaraffen begann im Jahr 1957, als sich neu nach Villingen gezogene Schlaraffen zu einem Stammtisch im damaligen Hotel Blume-Post trafen. Immer mehr Interessierte stießen in den nächsten Jahren hinzu, so dass am 13. März 1965 das Stiftungsfest für das schlaraffische "Reych Ad Villingam" gefeiert werden konnte – mit fast 600 Gästen aus 41 Reychen.

Die Patenschaft übernahmen die Konstanzer Schlaraffen der "Porta Alpina Constantiae". Nach und nach interessierten sich immer mehr "Männer in gesicherter Position“ (so die offizielle Voraussetzung für die Aufnahme) für die "Schlaraffia Ad Villingam". Waren die Sitzungen (Sippungen) zunächst im Keller des Hollerith-Hauses am Riettor, zog man 1985 in ein neues Versammlungslokal (auf schlaraffisch: Burg), die Gerberstraße 27, im dritten Stock über dem "Stiftskeller". Dort, im Erdgeschoss, befindet sich noch heute die "Burg" der Villinger Schlaraffen.

Ein außergewöhnlicher Höhepunkt des regen Villinger Reyches war 2003 die Ausrichtung des "Deutschen Schlaraffentages" in der Neuen Tonhalle mit über 800 Gästen. Heute gehören 46 "Sassen" dem "Reych Ad Villingam" an – Ärzte ebenso wie Beamte, Anwälte ebenso wie Künstler oder Pensionäre. Das "Oberschlaraffat", also gewissermaßen die Spielleitung, besteht derzeit aus den Rittern "Dunderblitz", "N’ Obed" und "Ad Lethos", profan Rolf-Jürgen Look, Michael Schonhardt und Friedrich Dinger.

Die "Burg" im Stiftskeller ist zu klein für die Großveranstaltung am Wochenende, weshalb ins Münsterzentrum ausgewichen wird. Vor dem Sektempfang und der "Festsippung", bei der auch die Frauen (Burgfrauen) der Schlaraffen zugelassen sind, gibt es am Samstag ab 15 Uhr in der Benediktinerkirche ein öffentliches Konzert auf der Silbermannorgel mit der Gregorianikschule Schramberg. Die Leitung hat Kirchenmusikdirektor Rudi Schäfer inne, der selbst Schlaraffe ist.

Weitere Informationen: www.ad-villingam.de