Der Künstler Bernd Scheller erläutert Jane Costantini vom Villinger Gasthaus Löwen seine Werke. Foto: Spitz Foto: Schwarzwälder-Bote

Bernd Scheller stellt seine Werke aus / Von der Faszination des Crashens / Ein Hobby wird zur Besessenheit

Von Cornelia Spitz

VS-Villingen. Bernd Scheller sitzt auf dem ausrangierten Kinosessel in seinem Atelier in der Rietstraße. Vor ihm posiert eine unbekannte Schöne. In Öl. Auf Leinwand. Sie verändert sich von Mal zu Mal. "Das ist ein Prozess, das muss sich entwickeln", sagt der Künstler.

In Villingen-Schwenningen kennt man ihn vor allem als Textilkaufmann, der das unter dem Atelier befindliche Bekleidungsgeschäft City’s führt. Doch ein Stockwerk höher ist er ganz Künstler. Mit Linoldrucken fing vor rund 15 Jahren alles an. Auch Schellers Werden als Künstler war ein Prozess. Kreativ war er schon immer, sein Beruf als Textilkaufmann sei "natürlich schon mit Kreativität verbunden", erzählt er. Und irgendwann fing er über Werke amerikanischer Meister wie der Künstler Paul Jackson Pollock oder Robert Milton Ernest Rauschenberg vollends Feuer. "Ich habe keine Ausstellung ausgelassen", selbst stundenlange Autofahrten nahm er in Kauf für ein Wiedersehen mit Werken bekannter Künstler.

Heute, Jahre später, stehen die Betrachter vor seinen Werken. Seit Montag hängen sie für die nächsten drei Monate im Gasthaus Löwen in der Oberen Straße. Hier zeigt er, was Scheller in vielen Kursen, auf Workshops und autodidaktisch gelernt hat.

Entstanden ist im Laufe der Jahre vieles. Manches landete sofort auf dem Stapel der Leinwände zum Übermalen, anderes ziert die Wände in seinem Zuhause, seinem Atelier, bei Freunden und Bekannten, "und manches durftte ich auch verkaufen".

Was zunächst ein Hobby war, ist heute mehr. Viel mehr. "Es ist schon fast eine Besessenheit", gesteht der 65-Jährige und erzählt, von seinem ganz persönlichen Höhepunkt eines jeden Jahres: die Sommerakademie an der HGB in Leipzig mit Workshops bei renommierten Künstlern. "Das hat mich so fasziniert, da komme ich nicht mehr weg."

Jetzt ist er derjenige, der andere fesselt. Im "Löwen", mit seinen Kunstwerken. 26 Bilder, teilweise kleinere Formate in großen Blocks gehängt, zieren die Wände. Die meisten von ihnen sind Porträts, und doch sind alle anders. Mal ganz realisistisch, mal fast unwirklich in diffusem Licht. Aber immer stark in ihrer Aussage. So wie das Triple, das direkt am Eingang hängt. Links Er, rechts Sie, dazwischen die Tür, wie eine Verbindung zwischen beiden. Oder die Herbststimmung, die sich über dem malerischen See ein paar Meter weiter breit macht. Idylle pur. Keine Spur von dem radikalen Vorgang des künstlerischen Schaffens in Schellers Atelier bei der Geburt dieses Werkes. Denn die Faszination des Künstlers gilt neuerdings dem Crashen: Vor ihm liegt ein eigentlich fertiges Gemälde, in seiner Hand hält er einen riesigen Spachtel. Er gibt Farbe darauf und fährt scheinbar zufällig und doch ganz gezielt einmal quer über das fertige Bild. Heraus kommt eine ganz neue Ansicht. Irgendwie undurchdringlich, verwischt, anders. Der fast brutale Akt des Crashens macht das scheinbar vollkommene Bild erst vollkommen. "Das fasziniert mich", sagt der Künstler Bernd Scheller. Und jetzt fasziniert es die Besucher.

Weitere Informationen: Ausstellung im Gasthaus Löwen, Obere Straße. Zum Künstler, seinem Werdegang und seinen Werken: www.citys.de/homepage