Badische Landesbühne Bruchsal interpretiert Büchners "Dantons Tod" neu

Villingen-Schwenningen (tri). Die Badische Landesbühne Bruchsal versuchte, Büchners "Dantons Tod" neu interpretiert darzustellen. Die Regie unter Olivier Garofalo reduzierte das Stück auf drei Personen – Danton, Robespierre und Julie, Dantons Geliebte.

Alle drei in gleichen weißen Kostümen – manchmal war es schwer, zu enträtseln, welche der zahllosen philosophischen Sentenzen von welchem Schauspieler gesprochen wurden, vor allem anfangs, als bloß undeutliche Stimmen unter grauem Stoff hervortönten. Denn bloße Rezitation brachte der Abend über weite Strecken, untermalt von seltsamen abgehackten Gesten, in seltsam zerhackter Sprechweise – glaubte die Regie, die Sentenzen dadurch einprägsamer zu machen? Häufig sprachen die drei Akteure im Chor, wobei sie mit schlenkernden Armen auf der Stelle marschierten – das sollten wohl Volksmeinungen sein. Gemeinsam war ihnen die Erkenntnis: Revolutionäre werden von der Revolution gemacht.

Schauspielerisch an der Aufführung war nur, dass die drei trotz ihrer Gegensätze durch einen Strick aneinander gekettet waren, auseinander strebten und es doch nicht konnten – ein Symbol. Sie turnten herum (bewundernswert die sportliche Leistung!) im großen geometrischen Gebilde eines Dodekaeders aus Rohren, Megafonen und durchsichtigen Plastikbahnen, das anfangs durch grauen Stoff verhüllt war, einziger zentraler Gegenstand des Bühnenbilds. In Kurzpausen zwischen Szenen flammten seine Kanten neonbeleuchtet auf, bildeten abstrakte blinkende Linien – was sollte das bedeuten?

Die Texte, die Büchner den Protokollen der Revolutionärsreden entnahm, sind sicher nach wie vor Ausdruck der Gesinnung der Akteure – zum Beispiel "Wir sind dazu verdammt, uns selbst zu zerstören" oder "Die Revolution ist ein Kampf gegen sich selbst, bis der Tod sie erlöst" oder "Die Guillotine ist ein Symbol der Freiheit" – aber während sie bei Büchner in den Handlungsverlauf eingebettet sind und damit verschiedene einzelne Menschen charakterisieren, sind sie bei Garofalo abstrakt aneinander gereiht, bloße Deklamation und damit ermüdendes intellektuelles Geschwätz von Berufsrevolutionären. Dass Revolutionen aus sozialen Gegensätzen entstehen, ist nicht neu.

War es Garofalos Absicht, die Hohlheit von Revolutionen um ihrer selbst willen darzustellen? Wichtig das Zitat von Hannah Arendt im Programmheft: "Die Revolutionäre machen nicht die Revolution‚ Die Revolutionäre sind diejenigen, die wissen, wann die Macht auf der Straße liegt und wann sie sie aufheben können."

Dantons Tod ist ein Abitursthema, und das ist gut so. Aber diese Aufführung ließ manchen der vielen jungen Besucher ratlos: Ist Revolution wirklich nur ein mit vielen Toten erkaufter Machtwechsel, der dem Revolutionär selbst Ekel am Leben einflößt? Oder wird sie zur Schreckensherrschaft im Namen der Tugend? Oder was sonst kann revolutionär errungene Freiheit sein?