In seiner Heimatstadt Spaichingen ist Marcel Aulila Stadtrat. Hier hat er auch einst den Ortsverband der Jungen Liberalen gegründet. Fotos: Cools Foto: Schwarzwälder-Bote

Marcel Aulila räumt mit Klischees über Politiker auf / Trotz Hemd geht er gern feiern

"Um ganz offen zu sein...", setzt Marcel Aulila an und legt die Fingerkuppen dabei aneinander. Noch während er spricht, ertappt er sich selbst bei der Politiker-Floskel und muss lachen. Sobald ein paar Reizworte fallen, schlüpft er kurz in die Rolle des Politikers, jedoch ohne dabei abgehoben oder distanziert zu wirken. Vielleicht liegt es daran, dass er noch so jung ist. Mit 25 Jahren hat er schon einiges erreicht. Der Spaichinger ist nicht nur FDP-Stadtrat in seiner Heimatstadt, sondern auch Landesvorsitzender der Jungen Liberalen. Im kommenden Jahr wird er seine politische Karriere damit krönen, dass er als Bundestagskandidat für die FDP in den Wahlkreisen Tuttlingen und Rottweil antritt.

Der junge Mann hat seine Passion für die Politik schon früh entdeckt. "Alles begann, als ich zehn Jahre alt war und das Computerspiel SimCity 3000 gespielt habe", erinnert er sich, nicht ohne grinsen zu müssen. Da habe er sich erstmals mit städtebaulicher Entwicklung, Infrastruktur – Verkehr wie auch gesellschaftlicher – und Steuern befasst. "Ich lernte schnell, dass mehr Steuern bedeuten, dass man mehr Geld zum Agieren hat, die Leute aber gleichzeitig ungehaltener werden", bringt er die Zusammenhänge auf den Punkt. Kein Wunder, dass das erste politische Engagement nicht lange auf sich warten ließ.

In der elften Klasse kandidierte er am Spaichinger Gymnasium als Schülersprecher, trat vor 800 Schülern gegen vier andere Kandidaten an und gewann souverän. Sein erster Triumph: Aulila kämpfte für einen Billardtisch im Schülermitverwaltungszimmer und bekam ihn.

Man könnte sagen, dass er von diesem Moment an angefixt war. Beim Studium in Friedrichshafen vertiefte der Vertriebler für Maschinen-Sicherheitstechnik sein Wissen und führte so manche Diskussion über liberale Philosophen. Dann kam das dritte Semester und der heimatverbundene Aulila wollte etwas Parteipolitisches machen. "Also habe ich 2012 mit ein paar Freunden in Spaichingen den Ortsverband der ›Jungen Liberalen‹ gegründet", erzählt er. Damals war er 22 Jahre alt. Mittlerweile hat der Ortsverband 24 Mitglieder.

2014 folgte der Posten des Stadtrats. Der nächste logische Schritt sei der Landesvorsitz gewesen, erklärt der 25-Jährige. Damals ging er auf Promo-Tour durch die Landkreise. "In einer knappen Kampfabstimmung bekam ich letztendlich 56 Prozent der Stimmen, obwohl mein Gegenkandidat besser vernetzt war", sagt er nicht ohne Stolz. Seine Rede habe wohl den Ausschlag gegeben. "Trotz nicht so guter Deutschnoten bin ich rhetorisch relativ versiert, denke ich", gibt er eine ehrliche Selbsteinschätzung ab.

Mit dem Problem, als Politiker nicht ernst genommen zu werden, hatte er weniger zu kämpfen. "Meine Vita hat mich qualifiziert, aber sicher, man muss sich seine Lorbeeren verdienen", weiß er. Natürlich sei man als junger Mensch idealistischer veranlagt, aber wenn man sich langfristig engagiere und authentisch sei, würde man auch ernst genommen. Und sein Alter hat auch Vorteile. Er gilt im Verband als Schnittstelle zur Jugend, kämpft unter anderem für Themen wie die Abschaffung des Tanz- und Alkoholverkaufsverbots. "Wenn es um Themen geht, für die ich brenne, dann ist keine Diskussion zu mühselig", beweist er langen Atem.

Generell sei es wichtig, junge Leute ernst zu nehmen. "Nur so begeistert man sie für die Politik", findet Aulila. Die Jugendlichen seien heute viel informierter über die Politik dank der sozialen Medien. "Klassische Hinterzimmertreffen sind natürlich wenig attraktiv für junge Leute. Stattdessen sollte es eine Möglichkeit geben, online den Kurs zu bestimmen", schlägt der Jungpolitiker vor.

Wenn es um seine politischen Ziele geht, ist er voll in seinem Element. Dann passen Gestik und Worte perfekt zum gebügelten Hemd und dem zurückgegelten Haar. Doch als typischer Politiker oder gar als abgehoben sieht sich der junge Mann keinesfalls. "Nur weil ich ein Hemd trage, heißt das nicht, dass ich nicht auch gern mal einen mit Freunden hebe", stellt er klar. So hatte er früher nicht nur lange Haare, sondern war auch Schlagzeuger in einer Band. "Wir hießen ›Insane Eye‹ und haben Kurt Cobain nachgeeifert", erinnert er sich lachend.

Viel Zeit für Privates hat er nicht mehr, aber wann immer es möglich ist, geht er squashen. Das Wichtigste sei, bodenständig zu bleiben, für seine Sache zu kämpfen und sich durchzubeißen, "auch wenn manche Leute sagen: ›Politiker sind alle die gleichen Dummschwätzer‹."

Trotz der vielen bisherigen Erfolge findet Aulila nicht, dass er sich verändert hat. "Man muss ja kein homo politicus werden, sondern soll authentisch bleiben. Spaß haben gehört dazu", betont er. Aber natürlich finde man keine "Saufbilder" von ihm auf Facebook. Auf so etwas achte er, denn sein Profil repräsentiert ihn und seine Rolle.

Die Vorbereitungen für seine Bundestagskandidatur laufen bereits. "Momentan stelle ich mein Wahlkampfteam zusammen, suche lokale Themen und besuche im November den Parteitag der FDP mit 400 Delegierten", erzählt er. Er will dort für die Top Fünf kandidieren. "Ich bringe viel Erfahrung mit und traue mir das zu", sagt er ohne einen Hauch von Zweifel.

Ansonsten schluckt das Hobby Politik viel Zeit und Benzin. 20 Stunden pro Woche investiert er in seine Aufgaben als Landesvorsitzender, auf Veranstaltungen lokal wie landesweit zeigt er Präsenz und fährt mit seinem Audi um die 1500 Kilometer im Monat. Doch das alles tut er gern, denn: "Die Politik braucht junge Menschen."