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Porträt / Lucy Lachenmaier liest, kocht, hält Vorträge und ist sozial tätig /67-Jährige stammt aus Peru

1000 Seiten in drei Tagen – wenn Lucy Lachenmaier ein gutes Buch liest, ist sie unansprechbar. Danach teilt die Literaturwissenschaftlerin ihre Eindrücke mit anderen. Doch das ist nicht das Einzige, womit sich die 67-Jährige beschäftigt.

VS-Schwenningen. Eigentlich ist sie seit zwei Jahren im Ruhestand, doch die gebürtige Peruanerin ist nach wie vor "Hans Dampf in allen Gassen". Mit südamerikanischem Temperament liest sie nicht nur Bücher in Rekordzeit, sie führt zudem als Freiberuflerin für die Hochschule Furtwangen (HFU) Studenten in Lima, Berlin und Tuttlingen in die interkulturelle Kommunikation ein und betreut am Campus Schwenningen ein Flüchtlingsprojekt, bei dem junge Menschen aus Syrien, Afghanistan und dem Irak intensiv auf ein Studium in Deutschland vorbereitet werden.

Damit nicht genug, hält sie bei der Volkshochschule (VHS) Kulturvorträge über ihre Heimat und leitet etliche Literaturtreffs in Schwenningen, Schonach, Rottweil, Schramberg, beim Bildungswerk in Villingen und sogar in Berlin. Zweimal im Jahr lädt Lucy Lachenmaier ins Café Häring ein zu "Bücher im Gespräch". Jede Woche besucht sie das Seniorenzentrum der AWO, um mit den Bewohnern Zeitung zu lesen und zu diskutieren. Bei der Diakonie ist sie als ehrenamtliche Patin und Deutschlehrerin in den Flüchtlingsunterkünften tätig.

Obwohl auch ihr Tag nur 24 Stunden hat, steht das Energiebündel auch noch so oft es geht in der Küche, gibt Kochkurse an der VHS und veranstaltet zusammen mit dem Weinhaus Hess Gourmet-abende. Ihre Spezialitäten sind – wie könnte es anders sein – südamerikanische Gerichte.

In Lima aufgewachsen

Lucy Lachenmaier wurde 1949 in einem "kleinen Kaff in der Wüste" geboren. In Lima wuchs sie auf, studierte Literaturwissenschaft sowie Englisch und Spanisch für das Lehramt und verbrachte während des Studiums Semester in Argentinien, New York und Madrid. Sie promovierte mit 23 Jahren und war jüngste Professorin der katholischen Universität Perus.

An einer deutschen Schule mit 1600 Schülern erhielt sie eine Stelle als Lehrerin, wo sie ihren Mann Ulrich aus Schwenningen kennen- und liebenlernte, der dort seinen Auslandsschuldienst leistete.

1982 nach Deutschland

"Wir haben beide am gleichen Tag angefangen", erinnert sie sich. Lucy Lachenmaier übernahm bald die Leitung der Schule, zwei Kinder wurden geboren und 1982 war es soweit: Ulrich Lachenmaiers Dienst in Lima endete und die Familie entschied, nach Deutschland zu ziehen.

Ein Schritt, "den ich nie bereut habe", sagt Lucy Lachenmaier. Dennoch war das erste Jahr in Schwenningen für sie "der Horror". Nur Hausfrau und Mutter zu sein, hielt sie nicht lange aus, und sie gab Spanisch- und Literaturkurse an der VHS.

1992 ging es für alle Lachenmaiers noch einmal ins Ausland: Die beiden Lehrer wirkten in Costa Rica für fünf Jahre als Fortbildner an einem pädagogischen Zentrum. Endgültig nach Deutschland zurückgekehrt, wurde Lucy Lachenmaier Lehrbeauftragte an der Dualen Hochschule (DHBW) und anschließend Dozentin an der HFU. Hier ist sie als Direktorin für die hispanische Welt unter anderem für die Vernetzung mit den Partneruniversitäten in Lateinamerika und Spanien zuständig.

Ihre ganze Leidenschaft gehört neben der Familie – sie hat zwei Enkel – den Büchern, "guten Romanen und Klassikern". Durch die zahlreichen und seit vielen Jahren bestehenden Literaturtreffs, die sie leitet, und die Sommerlektürenempfehlung sowie die Neuerscheinungsvorstellung vor Weihnachten, die sie jedes Jahr durchführt, beliefern sie die Verlage längst mit kostenloser Lektüre. Weder Schriftsteller noch Themen, einzig die Sprache interessiere sie dabei, sagt sie, und nie liest sie, ohne sich mit Bleistift Notizen dabei zu machen.

Walken und im Fitnessstudio

Bei so viel sitzender Tätigkeit muss ein körperlicher Ausgleich her. Lucy Lachenmaier besucht fünfmal pro Woche ein Fitnessstudio und betreibt so oft es geht Nordic Walking – auch mit Flüchtlingen.