Felix Hummel (links) und Bastian Kaiser sehen die Stadt inzwischen mit anderen Augen. Fotos: Cools Foto: Schwarzwälder-Bote

Felix Hummel und Bastian Kaiser vom TV Mönchweiler kennen seit einigen Jahren keine Grenzen mehr

Sie rennen durch die Stadt, klettern auf Garagen, springen über meterhohe Mauern und lassen sich durch ein paar Meter Abstand zwischen zwei Dächern nicht aufhalten. Parkour-Sportler befinden sich oft am Rand der Gefahr und Legalität in ihrem Bestreben, Hindernisse zu bezwingen und neue Wege zu finden. Dabei geht es ihnen im Grunde genommen nur um eins: Grenzen zu überwinden – physische wie mentale.

"Das ist eine ziemlich schwarze Grauzone. Manchmal betreten Parkour-Sportler Dächer oder Garagen, die ihnen nicht gehören", erklärt der 24-jährige Bastian Kaiser aus Erdmannsweiler. Ziel des Sports, bei dem man im Hocksprung Bänke und Mauern überwindet oder Wände hinaufläuft, sei es, im urbanen Umfeld so schnell wie möglich von A nach B zu kommen.

Begonnen habe alles vor acht Jahren mit ein paar Leuten, die Lust auf die Sportart aus Frankreich hatten und eine geeignete Halle suchten, um die schwierigen Sprünge und Salti zu üben. Schließlich bildete sich beim Mönchweiler Turnverein die Untergruppe "TVM Parkour, Freerunning & Tricking". "Die Idee ist der Gedanke: Diese Mauer steht mir nicht im Weg. Indem man sie überwindet findet man neue Wege und entwickelt andere Ideen, sich zu bewegen", versucht Kaiser es in Worte zu fassen. Der Soldat hat seine Heimat so völlig neu erfahren. "Man entdeckt die Stadt auf andere Weise, denkt nicht mehr nur in Straßen", erklärt er.

Auch in Villingen-Schwenningen gebe es einige geeignete Orte, beispielweise Parkhäuser. Einmal sei zwar die Polizei aus Neugier aufgekreuzt, habe aber festgestellt, dass nichts Illegales im Gange war und sei wieder gegangen. Der Sport ziehe oft Schaulustige an. "Ein Rentnerpärchen hat uns dabei zugesehen, wie wir über eine drei Meter hohe Mauer gesprungen sind. Die waren ernsthaft interessiert", erzählt Felix Hummel aus Mönchweiler.

Der Student der Wirtschaftspsychologie ist der Trainer der Parkour-Sportler und weiß, wie hoch vor allem die Hemmschwelle sein kann. "Das ist alles Kopfsache", meint er. Anderthalb Meter seien für einen Sprung eigentlich keine Distanz. Anders sehe es aber aus, wenn man diesen auf einigen Metern Höhe absolviere. Die Überwindung ist das Wichtigste. Deshalb üben die Sportler zunächst in der Halle ihre Sprünge. Da hole man sich schlimmstenfalls einen blauen Fleck. So oft es wetterbedingt möglich ist, wird das Gelernte dann draußen ausprobiert.

Die Action zieht inzwischen Interessierte über den Kreis hinaus an – von Rottweil bis Albstadt kamen schon viele. Beim Verein angemeldet sind um die 50 Leute. De facto beim Training seien aber meist nur um die zehn Personen. Innerhalb der Gruppe gibt es dabei verschiedene Schwerpunkte. "Bei Parkour geht es ja darum, so schnell wie möglich von einem Ort zum anderen zu kommen. Mein Ding ist eher das Freerunning, da macht man kreative Tricks und versucht zusätzlich, beim Parkour gut auszusehen", erklärt Hummel. "Heroische Posen nach den Salti sind seine Spezialität", ergänzt Kaiser lachend.

Generell trainiere bei ihnen jeder auf seinem Niveau. Manche könnten Salti besser aus dem Stand, andere bräuchten Anlauf – eine Typ-frage. Beide Männer betreiben den Sport schon einige Jahre und wissen, dass Übung alles ist. "Für den Backflip habe ich gut ein Jahr gebraucht. Da muss man sich ganz schön überwinden", erzählt Hummel. Der typische Fehler bei Amateuren sei, sich "schräg zu drehen". "Der natürliche Instinkt will den Menschen davor schützen, auf den Kopf zu fallen", weiß Kaiser. Da müsse man gegen die Reflexe arbeiten, so schwer es falle. "Im Training üben wir gemeinsam die Bewegungsabläufe ein, geben Hilfestellung und zeigen, dass man keine Angst haben muss", sagt Hummel.

Schlimme Unfälle blieben bisher aus. "Ich habe mir nur einmal den Bauchmuskel angerissen", erinnert er sich. Ganz andere Unfälle hätten sie bei der Parkour-Jam in Offenburg gesehen, einem großen überregionalen Parkour-Treffen. Da habe sich mancher den Fuß oder die Nase gebrochen. "Das passiert aber bei dreifachen Backflips oder solchen waghalsigen Manövern auf hohem Niveau", meint Kaiser.

In seinem mutigsten Moment ist er über einen Verbindungsbalken zwischen zwei Dächern auf der Höhe des dritten Stockwerks gerannt – Nervenkitzel und Adrenalin pur. "Man macht es für sich, um an die Grenzen zu gehen", sagt Hummel. Der Mensch könne seinen Körper um einiges vielseitiger nutzen, als er es normalerweise tue. "Es ist eine Lebensphilosophie. Jedes Hindernis ist eine Möglichkeit", erklärt Kaiser. Auf diese Weise habe er sich selbst neu kennengelernt. "Je mehr man kann, desto mehr sieht man – und nimmt künftig nicht immer die vorgeschriebenen Wege", fasst Hummel verschwörerisch grinsend zusammen.