Sie weiß, wo sie im Stadtarchiv nachschlagen muss – Diplom-Archivarin Ute Schulze. Foto: Heinig Foto: Schwarzwälder-Bote

Ute Schulze hat ihr Hobby zum Beruf gemacht

Villingen-Schwenningen (bn). Sie hat ihr Hobby zum Beruf gemacht. Die Diplom-Archivarin Ute Schulze beschäftigt sich daher auch in ihrer Freizeit mit den Dingen, denen sie bei ihrer umfangreichen Tätigkeit im Stadtarchiv begegnet.Derzeit liest sie zu Hause – wenn sie nicht gerade "einfach nur faulenzt" – gleich zwei Bücher: einen Reisebericht aus dem 19. Jahrhundert und ein Buch über das mittelalterliche Lehenswesen.

Ute Schulze wurde 1963 in Dortmund geboren und ist dort auch aufgewachsen. In Münster studierte sie Mittlere Geschichte, Neue Geschichte und Politikwissenschaften, denn schon in der Schule war klar: Mit Geschichte würde sie sich auch beruflich befassen. Was sie damals noch nicht ahnte: Einer ihrer Professoren, Joachim Wollasch, war der Bruder des einstigen Stadtarchivars in Villingen und Vorgängers von Josef Fuchs, Hans-Josef Wollasch.

Nach dem Studium bewarb sich Ute Schulze erfolgreich um eine dreijährige Beamtenausbildung im gehobenen Archivdienst und begann diese 1989 in Stuttgart. Dabei besuchte sie in Marburg eine von insgesamt nur drei deutschen Archivschulen – die anderen beiden sind in München und Potsdam. Im Kommunalarchiv in Ulm absolvierte sie ihre Praktika und merkte: Das "Ländle" würde sie gerne auch für länger gegen ihre westfälische Heimat eintauschen. Deshalb bewarb sie sich 1992 auch auf die in VS ausgeschriebene und damals neu einzurichtende Stelle bei Stadtarchivar Heinrich Maulhardt.

Hier genießt sie nun ihre umfang-, aber abwechslungsreiche Arbeit, die zu einem großen Teil redaktionell ist: Texte verfassen, Bilder aussuchen, Abbildungsrechte einholen. Ute Schulze ist zudem für die Übernahme, den Erhalt und die Erschließung städtischer Akten zuständig. Eine große Verantwortung, wie sie findet, denn "was ich wegschmeiße, ist weg". Deshalb bespricht sie sich manchmal auch mit Amtskollegen aus anderen Städten, was dort so archiviert wird. "Im Laufe der Zeit können sich die Fragestellungen ändern", weiß sie, wohl wissend, nicht alles aufbewahren zu können.

Sie antwortet auf viele Anfragen und empfängt Besucher aus aller Welt: Erst kürzlich sei eine Frau aus Schottland dagewesen, die Informationen über ihre Familie gesucht habe. Auch Bürger bei Recherchen zu begleiten liebt die Archivarin. Wenn etwa Heinz Lörcher kommt, um nach den Spuren der jüdischen Villinger zu suchen oder Ernst Reiser sich mit Nordstetten befasst, dann ist Ute Schulze in ihrem Element. Auf eine "faszinierende Quellenlage" und auf ihr beim Studium erlerntes "Handwerk" könne sie sich dabei stützen. "In Jahreszahlen bin ich ganz schlecht, aber ich weiß, wo ich sie nachschlagen kann", sagt sie.

Sie kann alte Sprachen lesen und Handschriften entziffern, schlägt in dem dicken Band "Deutsche Amtssprache" den alten Verwaltungsbegriff "Beständer" (Mieter/Pächter) nach und im "Grotefend" die Datumsbezeichnung "Genoveva" – 3. Januar.

Wenn Ute Schulze von ihrem Beruf erzählt, leuchten ihre Augen, und ihre Zunge lässt sich kaum im Zaum halten. "Bremsen Sie mich, wenn ich zu viel rede", lacht sie und gibt diesen Tipp immer auch den Besuchern des Stadtarchivs. "Ich mache meine Arbeit einfach gern", fügt sie fast entschuldigend hinzu.

Deshalb wünscht sie sich auch aus ganzem Herzen ein größeres und klimatisch besser ausgestattetes Archiv. Schulklassen zu empfangen sei kaum möglich, denn "bei 15 Personen ist aufgrund der räumlichen Enge Schluss", bedauert sie. Interne Besprechungen müssen im Besucherraum abgehalten werden. Die vielen Akten leiden unter dem Klima im Keller. "Da wäre ein zentrales Rathaus schon eine Chance", sagt sie.

Heute empfängt Ute Schulze zusammen mit ihren Kollegen zum Tag der offenen Verwaltung Besucher und führt sie um 11 und 13 Uhr durch das Archiv.