Der genaue Weideplatz wird in der Akte nicht genannt. Sollte sich, wofür der Text spricht, das Pferd an diese Halde verirrt haben, war der Unfall fast unvermeidlich. Foto: Volk Foto: Schwarzwälder-Bote

Über den seltsamen Vorfall wurde vor ziemlich genau 247 Jahren vor Gericht verhandelt

Von Karl Volk

Triberg. Engelwirt Michel Reiner in Triberg hatte ein Pferd, das Matheus Hummel, der Sohn des Johann Hummel, auf der Weide hüten sollte. Das Unglück wollte es, dass es zwischen einen Felsen und ein Bäumchen stürzte, dort hängen blieb und starb. Dies in aller Kürze der Vorgang.

Für den Hirtenbuben und seinen Vater hatte es jedoch unangenehme Folgen. 50 Gulden war dem Besitzer das Pferd wert gewesen, ein großer Schaden für den Engelwirt. Dieser vermutete, Matheus habe das Pferd gejagt und die vereinbarten Bedingungen nicht eingehalten, weshalb der Sohn für das Unglück verantwortlich gemacht und der Vater für den Schaden haften sollte.

Da beide falsches Verhalten bestritten, musste das Gericht die Entscheidung darüber treffen. Termin war am 28. April 1747. Geschehen war das Unglück im Jahr zuvor.

Der Junge wollte das Ross nicht hüten

Johann Hummel stellte klar, dass der Engelwirt Michael Reiner "ihme den Buben zum Rosshüten gleichsamb abetrungen" habe. Aus Gefälligkeit habe er schließlich zugestimmt, der Sohn wollte nämlich gar nicht. Abgemacht war, dass er nicht an die Steilhalde müsse. Er wählte die Weide, wo vorher schon "100 mahl" anderes Vieh geweidet habe. Zudem hatte ihn Schmied Adam Vollmer dorthin zu gehen geheißen, dort sei "gute Weide". Als Vater wundere er sich, zu den Kosten herangezogen zu werden, "wo früher schon dergleichen Unglück geschehen". Sein Sohn habe keinen Fehler gemacht, also sei er auch zu keinem Schadenersatz verpflichtet.

Von irgendwelchen Bedingungen wusste Johann Hummel nichts. Dagegen Engelwirt Reiner, der dem Jungen die Schuld zuschieben wollte, schon: Nach dem Unfall habe er "drey unparteyische Männer auf den Platz geschickt", die feststellen sollten, ob das Pferd gejagt worden oder sonst wie gestürzt sei. Diese bitte er noch zu vernehmen.

Außerdem sei er der Meinung, das Tier wäre zu retten gewesen, wenn Matheus den Unfall sofort gemeldet hätte. Das habe er nicht getan, weil er sich "geforchten" und sich deshalb verdächtig gemacht habe, es gejagt zu haben. Zudem sei auf dem Boden ein "Strauf" (unerklärbares Dialektwort? eventuell Rinde?) gelegen, "worauf das Pferd geschlipft" sei.

Es war anders: Der Junge war sogleich den Berg hinaufgelaufen, um den Baptist Ketterer zu Hilfe zu rufen, weil dieser gerade Holz führte, traf ihn aber nicht an. Darauf rief er den Berg hinunter nach dem Besitzer Michel Reiner. Mehr konnte er in diesem Augenblick nicht tun.

Man wollte den Prozess nicht mit Vernehmungen unter Eid in die Länge ziehen, was Kosten verursacht hätte. Dies wäre außerhalb jeder Verhältnismäßigkeit gewesen, weshalb das Gericht den Parteien eine einvernehmliche Lösung vorschlug. Johannes Hummel sollte auf kommenden Michaelistag (29. September) sechs Gulden und auf Neujahr drei Gulden bezahlen. Damit war die Sache aus der Welt.

Dem späten Betrachter stellt sich die Frage: Wenn Matheus Hummel wirklich nichts dafür konnte: warum dann dennoch kein eindeutiger Freispruch?

Weitere Informationen: Quelle: Generallandesarchiv Karlsruhe 61/ 12955